Von jenseits des Grabes: Trump und die Epstein-Verschwörung

(Lesedauer ca. 8 Minuten)

Die „List of conspiracy theories promoted by Donald Trump“ ist lang und reicht von …

Joe Biden war gar nicht der echte US-Präsident, sondern ist bereits 2020 exekutiert und durch einen Klon ersetzt worden

https://truthsocial.com/@realDonaldTrump/posts/114605660077722777

… bis hin zu seinem immerwährenden Kampf gegen den ominösen „Deep State“:

https://truthsocial.com/@realDonaldTrump/posts/110754149531875692
https://truthsocial.com/@realDonaldTrump/posts/110579568469291917

Die Neue Zürcher Zeitung hat daher bereits vorgeschlagen, die künftigen Memoiren des US-Präsidenten „Trump. The Art of Conspiracy“ zu betiteln – in Anlehnung an sein Ratgeberbuch „Trump. The Art of the Deal“.

Doch unversehens fällt Trump der ausgeprägte „Paranoid Style“ seiner Politik auf die Füße:

https://x.com/ProudAFAmerican/status/1945119101162021163
https://x.com/ProudAFAmerican/status/1945119101162021163/photo/1
https://x.com/ladonnakay/status/1946149396707483865

Pädo-Präsident? Trump soll selbst zum „Deep State“ gehören? Was ist passiert?

Kurz zusammengefasst:

  • Kaum etwas elektrisiert die MAGA-Basis so sehr wie die Todesumstände des ehemaligen Finanzinvestors Jeffrey Epstein. Mehr noch: Die Energie der Epstein-Verschwörungsbewegung habe „fast religiöse Züge angenommen“, sagen Beobachter.
  • Epstein war 2019 wegen schwerster Sexualverbrechen (darunter Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung) festgenommen worden. Noch vor dem geplanten Prozessauftakt wurde er erhängt in seiner Gefängniszelle im Metropolitan Correctional Center in Manhattan aufgefunden. Die offizielle Todesursache ist Suizid.
  • Eine Verschwörungstheorie der MAGA-Bewegung besagt, dass die „Deep State“-Elite eng mit Epstein verbandelt gewesen sei, der er minderjährige Mädchen zum Missbrauch vermittelt habe. Dabei spielt die Vorstellung einer geheimen Kundenliste mit prominenten Tätern und Vertuschern rund um Jeffrey Epstein eine zentrale Rolle. Der gut vernetzte Multimillionär sei von Akteuren auf dieser „Client List“ ermordet und somit zum Schweigen gebracht worden.
  • Trumps Justizministerin Pam Bondi sagte im Frühjahr 2025, die Namensliste liege auf ihrem Schreibtisch und werde bald veröffentlicht.
https://www.youtube.com/shorts/ohPJk8Ukbpo
  • Vor wenigen Tagen erklärten das FBI (dessen Direktor Kash Patel ein glühender Trump-Unterstützer ist) und das Justizministerium, eine solche Liste existiere nicht. Bondi selbst korrigierte sich dahingehend, dass sie mit dem „Material auf ihrem Schreibtisch“ gar nicht Epsteins mutmaßliche „Client List“ gemeint hätte.
https://www.justice.gov/opa/media/1407001/dl?inline
  • Im Präsidentschaftswahlkampf hatte Donald Trump angekündigt, dass er die Epstein-Akten freigeben würde. In einem Interview mit Fox News sagte er auf die entsprechende Frage: „Yeah, yeah, I would.“
https://www.facebook.com/reel/1091508102856553
  • Mittlerweile will er davon nichts mehr wissen: „Ich verstehe nicht, warum der Fall Jeffrey Epstein irgendjemanden interessiert. Das ist ziemlich langweiliges Zeug.“ Vor allem aber ist es nicht das, „was die MAGA-Wählerschaft bestellt hat“, kommentiert die Zeit: „Ihre Gier nach immer neuen Enthüllungen zu vermeintlich korrupten Eliten, die Trump und sein Umfeld strategisch befeuert hatten, erschöpft sich nicht einfach – im Gegenteil.“
https://x.com/TrumpTruthOnX/status/1945272594426683880

Aber warum sollte er das tun?

Das Wall Street Journal veröffentlichte am 17. Juli einen seltsamen Geburtstagsgruß, den Trump 2003 an Epstein geschickt haben soll (in Form eines imaginären Gesprächs) – und der möglicherweise verklausulierte Anspielungen auf sexuelle Geheimnisse der beiden Männer enthält:

https://www.wsj.com/politics/trump-jeffrey-epstein-birthday-letter-we-have-certain-things-in-common-f918d796
https://www.zeit.de/politik/ausland/2025-07/fall-jeffrey-epstein-donald-trump-brief-verschwoerungstheorie

Mittlerweile hat Trump die Zeitung auf zehn Milliarden Dollar wegen Rufschädigung verklagt. Der Präsident bestreitet, dass der Brief (inklusive einer schlüpfrigen Zeichnung) von ihm stammt:

So kann er hoffen, seine Anhängerschaft von ihren eigentlichen Forderungen abzulenken und den Aufruhr zumindest für den Augenblick einzudämmen,

meint die FAZ.

Dass Trump und Epstein Umgang miteinander pflegten, ist indes kein Geheimnis. Begegnungen der beiden sind dokumentiert. 2019 distanzierte sich Trump von Epstein und erklärte, nichts von den Missbrauchsfällen gewusst zu haben. Am 5. Juni 2025 behauptete Elon Musk bei X, Trumps Name tauche in den Epstein-Akten auf – allerdings ohne Belege, und kurze Zeit später löschte er den Post wieder. Ernstzunehmende Hinweise, dass Trump in den Epstein-Skandal verwickelt sein könnte, gibt es bislang nicht.

Nicht zuletzt hätte Trump im Wahlkampf wohl kaum „so viel und so deutlich“ auf die Epstein-Karte gesetzt, wenn ihm die Enthüllungen selbst schaden könnten. Die New York Times spekuliert allerdings (unter Berufung auf eine ehemalige Epstein-Mitarbeiterin) darüber, dass die Epstein-Akten Material enthalten könnten, das für den US-Präsidenten peinlich oder politisch problematisch sein könnte – „selbst dann, wenn es im Wesentlichen nichts mit den Verbrechen von Epstein zu tun hat“.

Derweil beschimpft der US-Präsident seine treuesten Anhänger als „Schwächlinge“ und wirft ihnen vor, auf einen Schwindel der Demokraten reingefallen zu sein:

https://x.com/rothschildmd/status/1945483027737661911

Aber wieso? Aus welchem Grund wirkt Trump plötzlich „etwas getrieben“ (SZ) beziehungsweise „erkennbar nervös“ (Morgenpost) und setzt sich durch die Epstein-Affäre selbst dem Verdacht aus, Teil des Systems zu sein, das er zu bekämpfen versprach?

Dazu kursieren mehrere Thesen, von denen zwei einigermaßen plausibel erscheinen:

  1. Trump hat mit der Verschwörungstheorie um die Epstein-Kundenliste Wahlkampf gemacht, ohne selbst daran zu glauben – und ist jetzt „im Netz seiner Lügen gefangen“.
  2. Trump und seine Administration haben an eine Epstein-Verschwörung geglaubt – jetzt wissen sie, dass es diese nicht gibt, und müssen einen Weg finden, damit umzugehen.

Beide Szenarien haben ihre Schwächen – die Vertuschungs-These, auf die zum Beispiel der demokratische Senator Dick Turpin abhebt, allerdings genauso. Vor drei Tagen hat Trump „unter Druck“ angeordnet, einige juristische Unterlagen zu dem Fall des gestorbenen Sexualstraftäters freizugeben. Verschiedene Gerichts- und Ermittlungsdokumente sind bereits online verfügbar. Aber nichts davon betrifft eine wie auch immer geartete Klientenliste.

„Es ist nicht ganz so, als hätte Frankenstein die Kontrolle über das von ihm geschaffene Monster verloren“, meint der Independent:

Aber wenn man von Verschwörungstheorien lebt – wie Trump es getan hat –, kann man auch daran zugrunde gehen.

2016 behauptete Trump, er könne jemanden auf offener Straße erschießen, ohne Wähler zu verlieren. Jetzt scheint die MAGA-Loyalität zum ersten Mal ernsthaft auf dem Prüfstand zu stehen. „Von jenseits des Grabes“, bemerkt The Conversation,

… hätte Epstein damit zu einer neuen Ära in der amerikanischen Politik beigetragen.

Zum Weiterlesen:

Titelfoto: Unsplash

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