Osteopathie und Evidenz: zwei unvereinbare Welten

(Lesedauer ca. 3 Minuten)

Wirkt Osteopathie oder wirkt sie nicht?

Nachdem im letzten Zeit-Artikel berufspolitische Aspekte der Osteopathie im Fokus standen, geht es jetzt um die schnöde Evidenz:

https://kurzlinks.de/piyv

Die Zeit-Redakteurin Andrea Böhnke erklärt, dass viele systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen zur Osteopathie mit der Phrase enden, es gebe „Hinweise, dass …“.

Und dann kommen meist die „Aber“. Aber die Ergebnisse sind zu unterschiedlich. Aber die Messinstrumente sind zu ungenau. Aber das Risiko für Verzerrungen ist zu groß.

Tatsächlich ist der Strauß an Einzelstudien, die in die Übersichtsarbeiten einfließen, oft extrem bunt: Mal wird die osteopathische Behandlung gegen eine Physiotherapie getestet, mal gegen Akupunktur. Und manchmal haben zu wenige Probandinnen teilgenommen, die oft auch noch sehr unterschiedliche Ausgangsbeschwerden hatten […]

Das Evidenzlevel ist in vielen Bereichen eher als niedrig einzustufen. Es gibt Hinweise, dass Osteopathie wirken könnte – aber diese Hinweise sind oft unsicher oder wenig zuverlässig.

Und daran wird sich absehbar auch nichts ändern, schlussfolgert die Autorin. Da „ein und derselbe Patient von zwei verschiedenen Osteopathen unterschiedlich behandelt werden kann“, sei es „schwierig bis unmöglich“, einheitliche und vergleichbare Protokolle für randomisiert kontrollierte Studien zu entwickeln.

Zumal so mancher Osteopath gar kein Interesse daran habe, dass sein Metier in die kassenärztliche Versorgung aufgenommen wird. Denn dann

… würden die Osteopath:innen womöglich deutlich weniger Geld bekommen – und hätten entsprechend auch weniger Zeit für ihre Kundschaft. Zeit ist aber wahrscheinlich ein entscheidender Faktor. Zeit fürs Nachfragen, Zeit fürs Zuhören, Zeit für Zuwendung.

Mit anderen Worten: die entscheidenden Ingredienzien einer Placebo-Behandlung.

Als solche mag die Osteopathie auch ihre Berechtigung haben (möglicherweise füllt sie damit gar „eine Lücke“, wie Böhnke schreibt):

Aber – und hier sind wir wieder beim Ausgangsproblem – das reicht nicht aus, um als eigene, medizinische Disziplin und als Heilberuf anerkannt zu werden. Dafür braucht es mehr gute Studien.

Um eine mögliche berufsgesetzliche Regelung vorzubereiten, ist seitens der Politik eine Evidenzsichtung geplant. Was diese im Detail ergibt, bleibt abzuwarten. Klar ist aber, dass Minen auch explodieren können.

Zum Weiterlesen:

Titelfoto: Freepik

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

RSS Feed

Hier könnt ihr den Blog als Feed abonnieren.


Neuste Beiträge


Schlagwörter

Alternativmedizin Anthroposophie Astrologie Berlin Corona Desinformation Esoterik Fake News Frau Lea Geister Geschichte Homöopathie Justiz Klimawandel Kritisches Denken Königreich Deutschland Künstliche Intelligenz Lydia Benecke Manifestieren Mariana M. Mind Control Peter Fitzek Pseudomedizin Querdenker Recht Reichsbürger Rituelle Gewalt Rituelle Gewalt-Mind Control Ritueller Missbrauch Satanic Panic Satanismus Schamanin Science Cops Science Crimes Sebastian Bartoschek Sekten Skeptics in the Pub Skeptics in the Pub Berlin Skeptics in the Pub Köln Skeptizismus Social Media stammtisch Verschwörungstheorien Waldorfschule WTF-Talk


Neuste Kommentare