Opfer haben Gefühle, Sieger haben Gedanken – und ändern erst sich und dann die ganze Welt.
Typisches, sinnfreies Coaching-Geblubber – das beinahe echt sein könnte.
Der Satz stammt aus dem neuen Bühnenprogramm „Endlich glücklich“ von Florian Schroeder:

Tour und Buch („Happy End“) drehen sich unter anderem um das Thema „Coaching“. Zur Recherche buchte der Kabarettist für 5000 Euro ein Life-Coaching-Seminar bei Damian Richter: die „Destiny Masterclass“, was sich schließlich wie „eine Mischung aus Ku-Klux-Klux-Klan und Scientology“ anfühlte.
In der Zeit (54/2025) berichtet Schroeder von seinen Erfahrungen. Die Psychotricks des selbst ernannten „Lifecoaches für Dein außergewöhnliches Leben“ begannen schon bei der Anmeldung:
Zunächst hatten mir Richters Mitarbeiter vermittelt, dass ich wohl keinen Platz bekommen werde. Zu viele Bewerber. Im zweiten Gespräch war ich plötzlich der perfekte Kandidat fürs Coaching. Erst Verknappung, dann Auserwähltsein. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie ich zahlen sollte.

Die perfide Manipulationsstrategie gipfelt im Umgang mit einer 53 Jahre alten Frau, die auf offener Bühne preisgibt, sexuellen Missbrauch erlebt zu haben:
Das Schicksal der Frau wird kleingeredet, der Täter zum „Miststück“ verharmlost, aus einem erlebten Trauma soll sogleich Wachstum werden. Dass die Taten die Frau noch immer beeinflussen, liege an ihr. Missbrauch ist für den Coach also am Ende nur emotionaler Muskelkater.
Schon am zweiten Tag kommt Schroeder sich vor wie in einer Sekte: „Macher-Ich statt Scientology“:
Das Coaching wird nun immer mehr zur Freakshow.
Wer jetzt in einer der zahlreichen Pausen draußen im Vorraum an den Ständen bei den Junior-Coaches einen Vertrag für ein weiteres Coaching unterschreibt, darf in den Saal laufen, wo eine große Glocke befestigt ist.
Der Käufer zieht an ihr, die Show stoppt, der Saal blitzt und blinkt, es gibt Riesenapplaus, Getröte, Getanze und Geschrei, und der Teilnehmer darf zu Richter auf die Bühne stürmen, um dort zu sagen, welches Coaching er gerade gekauft hat.
Es ist nichts anderes als die Pawlowsche Glocke: billiges Reiz-Reaktions-Schema […] Es gibt Leute, die verkaufen Haus und Hof, um in der Coaching-Hierarchie immer weiter aufzusteigen.

Am Ende stellt Schroeder fest:
Die Masterclass hilft offenbar gar nicht wirklich, man muss noch mal und noch mal kommen. Denn genau das ist das Prinzip.
Eine kurze Zusammenfassung (mit Filmmaterial) gibt Schroeder hier:

Die Termine der neuen Bühnenshow „Endlich glücklich“ finden sich auf der Homepage.
Es klingt krass, aber es stimmt: Life-Coaches haben die Sekten abgelöst,
schreibt Schroeder in der Zeit.
Genau so hatten wir es im April beim WTF-Talk formuliert.
Zum Weiterlesen:
- Schroeder, Florian „Wie ich für 5.000 Euro die Welt der Life-Coaches betrat“ zeit (20. Dezember 2025)
- Schroeder, Florian „Happy End: Warum Du ohne Glück glücklicher bist“ dtv (27. November 2025)
- Podcast „Florian Schroeder: Ich glaube, dass vieles in der Biografie eines Menschen aus einem Mangel heraus entsteht“ swr 3 (9. Dezember 2025)
- Podcast „Kabarettist Florian Schroeder – von dem Suchen und Finden des Glücks“ ndr (12. November 2025)
- Video „Kabarettist Florian Schroeder auf dem Roten Sofa“ ndr (12. November 2025)
- Becker, Thomas „Florian Schroeder in der Alten Kongresshalle: Die Fans hops genommen“ Süddeutsche (1. Juni 2025)
- Harder, Bernd „Das ganze Leben coachen? Kritische Infos zum Thema“ skeptix (9. November 2025)
- Harder, Bernd „Coaching: Viel Geld für leere Versprechungen“ skeptix (5. Oktober 2025)
- Harder, Bernd „Podcast: Erfolgsversprechen und Verheißungen von Coaching-Angeboten kritisch hinterfragen“ skeptix (5. September 2025)
- Harder, Bernd „Nicht nur guter Rat ist teuer: Humbug aus der Coaching-Szene“ skeptix (16. Januar 2025)
- Weingart, Christopher „Wie Lebensberater Sinn und Glück versprechen“ Deutschlandfunk (5. Februar 2025)
- Video „Dein Mindset füllt meinen Geldbeutel – seriöses vs. unseriöses Coaching“ verbraucherzentralen (17. Oktober 2024)
- Video „Psychotricks: Die bizarre Show der Life-Coaches“ Reschke Fernsehen (9. Februar 2024)
Titelfoto: 3sat


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