Der Angeklagte sagte nur, dass er sich „nicht schuldig“ bekenne. Weitere Fragen der Richterin beantwortete er nicht.
So kann man den ersten Verhandlungstag in der Causa Dr. Lisa-Maria Kellermayr zusammenfassen. Seit heute muss sich vor dem Landesgericht Wels in Oberösterreich ein 61-jähriger Deutscher aus Starnberg („elf Vorstrafen hat er, fünf davon einschlägig“) verantworten.

Ihm wird laut Anklageschrift
… zur Last gelegt, die Ärztin Dr. Lisa-Maria Kellermayr im Zeitraum Februar 2022 bis Juli 2022 in vier E-Mails sowie in drei per Messenger-Dienst Twitter (nunmehr: „X“) übermittelten Nachrichten gefährlich mit einer Verletzung an Freiheit, Ehre bzw. dem Vermögen bedroht zu haben, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Dies geschah, indem er insbesondere ankündigte, sie vor ein noch einzurichtendes „Volkstribunal“ zu stellen und sie „auf die Anklagebank und dann sicher ins Gefängnis“ zu bringen.
Die Strafdrohung für das Verbrechen der gefährlichen Drohung beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Kellermayr hatte sich im Juli 2022 suizidiert*. Die 36-jährige Medizinerin war während der Coronakrise ins Visier von Impfgegnern und Verschwörungsideologen geraten. Vergeblich wandte sie sich an die Polizei und später auch an die Politik, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen und Schutz zu bekommen.
Ihr Tod schlug enorme Wellen. Er gilt bis heute nicht nur als Fallbeispiel dafür, welche Folgen Hass im Netz besonders für Frauen haben kann, sondern auch dafür, wie überfordert die Behörden mit dem Phänomen sind,
schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Ende Juni 2022 schloss Kellermayr ihre Praxis in Seewalchen am Attersee aus finanziellen Gründen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie nach eigenen Angaben bereits Kosten von mehr als 100.000 Euro für Sicherheitsmaßnahmen und privates Sicherheitspersonal:

Die Staatsanwaltschaft Wels geht davon aus, dass
… die dem Angeklagten zur Last gelegten übermittelten Nachrichten für den Suizid der Ärztin mitursächlich waren.
Zum Prozessauftakt verlas das Anwaltsteam des selbständigen Unternehmers eine Erklärung, wonach er nicht derjenige sei, „den man gesucht hat, sondern der, den man gefunden hat“. Der Impfgegner räumte einen längerer E-Mail-Wechsel zwischen ihm und der Ärztin ein. Allerdings habe er nicht erkennen können, dass Kellermayr sich von ihm bedroht fühle. Es hätte sich lediglich um ein wechselseitiges verbales Streitgespräch gehandelt.
Richtig ist, dass die Medizinerin auch Todesdrohungen mit extremen Gewaltfantasien erhalten hatte, die von einer bislang nicht identifizierten Person stammten, die sich „Claas der Killer“ nannte. Diese „widerlichen“ E-Mails will der Angeklagte Roman M. nicht geschrieben haben. Nach wie vor laufen Ermittlungen „hinsichtlich weiterer Drohnachrichten an Kellermayr“, berichtet der österreichische Fernsehsender OE24.
Der Prozess wird morgen fortgesetzt. Vier Verhandlungstage sind vorgesehen, mit einem Urteil wird am 9. April gerechnet.
Quellen:
- Reibenwein, Michaela „Erster Prozesstag: Die Angst der Lisa-Maria Kellermayr“ kurier (26. März 2025)
- Mayer, Verena „Wer ist schuld am Suizid von Dr. Kellermayr?“ Süddeutsche (26. März 2025)
- „Mann aus Bayern muss sich nach Tod von Ärztin Kellermayr vor Gericht verantworten“ spiegel (26. März 2025)
- Gupta, Oliver „Fall Lisa-Maria Kellermayr: Roman M. und die Schuldfrage“ derStandard (26. März 2025)
- „Lisa-Maria Kellermayr – Anatomie einer Entfesselung“ orf (1. März 2025)
- Video: „Tod durch Hass und Hetze – Der Fall Dr. Kellermayr“ weltspiegel (27. März 2023)
- Rafael, Simone „Hass auf Twitter gegen Dr. Lisa-Maria Kellermayr“ Belltower News (1. August 2022)
- Milborn, Corinna „Dr. Lisa-Maria Kellermayr: Eine Würdigung“ puls24 (30. Juli 2022)
Titelfoto: OE24.TV
*Wenn Sie selbst belastet sind, wenn Sie Suizid-Gedanken plagen, dann kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge im Internet oder über die kostenlosen Hotlines 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222.
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