Der Hauptstresspunkt für Kellermayr sei „Claas“ gewesen, so der Zeuge. Nebenstresspunkte seien andere Drohungen und die finanzielle Situation gewesen.
Diese Aussage eines Sicherheitsmannes, den Lisa-Maria Kellermayr für ihre Praxis engagiert hatte, rückte am zweiten Verhandlungstag den noch nicht ermittelten Täter „Claas der Killer“ (Selbstbezeichnung) kurzeitig in den Fokus des Prozesses.
Dazu machte die „Hackerin Nella“ (Ornella Al-Lami) als Zeugin eine überraschende Aussage. Vor Gericht gab sie an, neue Erkenntnisse zu der Person oder den Personen, die hinter „Claas“ stecken, zu haben.

Gegenüber dem privaten Fernsehsender Puls 24 sprach sie von bereits vorliegenden „Teilgeständnissen“:
Es ist eine bekannte Szene, die dafür berüchtigt ist […] Die sind unter anderem anderen auch für die ganzen Bombendrohungen bekannt.
Puls 24 verweist in diesem Zusammenhang auf die Cybergruppe „New World Order“, die für systematisches Cybermobbing berüchtigt ist und deren Mitglieder als „Deutschlands schlimmste Internet-Trolle“ (Spiegel) gelten.
Allerdings ist unklar, ob Al-Lami tatsächlich die „NWO“ meint. In einem Fall von massenhaften Bombendrohungen in Deutschland vor zwei Jahren führten die Ermittlungen zu einer Gruppe von Online-Hatern aus dem Umfeld der „Drachenlord-Haider“. Die Causa Kellermayr würde eher zu „NWO“ passen – von dieser virtuellen Vereinigung sind aber keine Bombendrohungen bekannt.
„Nellas“ kryptische Einlassung führt also erst einmal nicht weiter:
Weder deutsche noch österreichische Behörden haben bislang bestätigt, dass es einen Zusammenhang zu den Hassnachrichten gegen Lisa-Maria Kellermayr gebe,
kommentiert auch Puls 24 das Interview mit der „Hackerin“.
[Update: Bei Bluesky erklärt „Nella“:]
Natürlich ist die NWO für die Bomben Emails bekannt? Die NWO waren ebenfalls Drachenhaider, das eine schließt das andere nicht aus.
Kellermayr habe eher Angst vor dem „Claas“ gehabt, nicht so sehr vor dem „Volkstribunal“, das der Angeklagte Roman M. ihr angedroht hatte, sagte heute eine Praxismitarbeiterin aus:

Das bedeutet indes nicht, dass der 61-jährige Deutsche aus Starnberg damit entlastet ist. Dessen Vorstrafen hätten Kellermayr ebenso eingeschüchtert wie die Tatsache, dass der Impfgegner bei Twitter mit echtem Vornamen und Profilbild agierte, also „offiziell dazu steht“, was auf eine niedrige Hemmschwelle habe schließen lassen.

Die österreichische Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl betonte in einem Interview mit OE24.TV den „generalpräventiven Charakter“ der Gerichtsverhandlung gegen Roman M.:
Hier ist die Frage, ob der Rechtsstaat sich die Hoheit zurückholt oder nicht, ob Leute machen können, was sie wollen, ob Leute wirklich Menschen den Tod wünschen dürfen, und es wird nicht bestraft. Andere müssen abgeschreckt werden, dasselbe zu tun.
Auch Anwalt Jun beklagt in einem aktuellen Video, dass
… Ermittler und Justiz Bedrohungen bisher so oft ignoriert [haben], dass Täter jedes Unrechtsempfinden verloren haben.
Das ist genau eines der Probleme, wir erleben, dass man es für einen normalen Beitrag zum Meinungsdiskurs hält, andere Menschen zu bedrohen und zu beleidigen.

Zudem erinnert Jun daran, dass auch er und andere vom selben Unbekannten angegangen wurden wie Lisa-Maria Kellermayr.
Der Prozess wird am 8. April fortgesetzt. Ob es dann weitere Erkenntnisse zu „Claas“ gibt, wird sich zeigen.
Quellen:
- Harder, Bernd „Lisa-Maria Kellermayr: Ihr Tod schlug enorme Wellen – heute Prozessauftakt in Wels“ skeptix (26. März 2025)
- Rolke, Vanessa Meilin „Razzia bei Cybergruppe New World Order“ zdf (3. September 2024)
- Gupta, Oliver „Eine Art Serientäter?“ spiegel (11. Oktober 2023)
- Czygan, Michael „Fall Kellermayr: Hat der Hassmail-Autor auch einem Würzburger Anwalt gedroht?“ Augsburger Allgemeine (30. Juli 2023)
- Hensen, Christian „Wie Hackerin N3ll4 im Netz Kriminelle jagt“ stern (28. September 2022)
Titelfoto: LT1 Oberösterreich
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