Immerhin: Sie bleiben dran.
Vor der außerordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen am Sonntag in Berlin fordert eine Gruppe vor allem junger Mitglieder erneut den Bruch mit der Homöopathie.
In einem Antrag von Cedrik Schamberger heißt es:
Wir setzen uns dafür ein, dass Leistungen nur dann von der Solidargemeinschaft übernommen werden, wenn sie medizinisch sinnvoll und gerechtfertigt sind und ihre Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist.
Folglich lehnen wir die solidarische Finanzierung von homöopathischen Zubereitungen und anderen Präparaten ab, bei denen weder eine wissenschaftlich fundierte Wirksamkeit nachgewiesen noch eine quantitative und qualitative Analyse eines Wirkstoffs möglich ist.
Zur Erinnerung:
Schon 2019 gab es einen solchen Antrag. Nach monatelangem Streit verfügte der damalige Parteichef Robert Habeck ein salomonisches Urteil:
Krankenkassen sollen homöopatische Leistungen bezahlen dürfen – aber nur jenen, die einen entsprechenden Sondertarif gewählt haben.
Zu Beginn des Jahres 2024 sprach sich auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dafür aus, Homöopathie als Kassenleistung zu streichen. Eine entsprechende Regelung sollte im sogenannten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) festgeschrieben werden. Doch im dritten Referentenentwurf des GVSG wurde dieser Passus wieder gestrichen:
Warum die Regelung aus dem GVSG aktuell herausgenommen worden ist, teilte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auf Anfrage nicht mit,
kommentierte das Deutsche Ärzteblatt:
Ein Grund könnte sein, dass das Thema Homöopathie konfliktbehaftet ist und in der Ampelkoalition zu internen Streitigkeiten führen könnte. Dies könnte zu Verzögerungen des Gesetzes führen.
In der Tat scheiterte Lauterbachs Plan wohl am Veto der Grünen beziehungsweise an „zwei oder drei grünen Spitzenpolitikern“, darunter Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha.
Auch das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz insgesamt steht nach dem Koalitionsbruch auf der Kippe.
Nichtsdestotrotz unternehmen am Wochenende 119 Antragssteller beim Grünen-Parteitag einen neuerlichen Vorstoß:
Die finanzielle Unterstützung nicht-evidenzbasierter Therapieformen wie Homöopathie belastet das Solidarsystem, das bereits vor Herausforderungen durch steigende Kosten in der medizinischen Versorgung steht.
Studien zeigen, dass allein in Deutschland jährlich über 20 Millionen Euro durch die Kostenerstattung von homöopathischen Mitteln durch die gesetzlichen Krankenkassen ausgegeben werden. Diese Mittel könnten effektiver in Präventionsmaßnahmen und evidenzbasierte Therapien investiert werden, um die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu verbessern.
Die fehlende wissenschaftliche Basis homöopathischer Behandlungen kann Patient*innen dazu verleiten, auf wirksame Therapien zu verzichten oder diese zu verzögern, was bei schweren Erkrankungen potenziell lebensgefährlich ist.
Dem kann man nur viel Erfolg wünschen.
Einen Blick in das Wahlprogramm der Parteien in puncto Gesundheit wirft Dr. Joseph Kuhn im Science-Blog Gesundheits-Check.
Quellen:
- Heim, Manuela „Die heiligen Kügelchen der Grünen“ taz (8. April 2024)
- „Schonfrist für Homöopathie als Satzungsleistung“ Deutsches Ärzteblatt (26. März 2024)
- Kuhn, Joseph „Die Homöopathie bleibt Kassenleistung – Teil 2“ Gesundheits-Check (29. März 2024)
- Kuhn, Joseph „Homöopathie im Petitionsausschuss des Bundestags: Widerspricht Staatssekretär Franke seinem Minister?“ Gesundheits-Check (3. Juni 2024)
Titelfoto: Historisches Homöopathieset/© Simon Speed
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