Vom Betrugsvorwurf freigesprochen – wegen Steuerhinterziehung verwarnt: So ist heute nach 44 Verhandlungstagen der Prozess gegen den „Querdenken“-Initiator Michael Ballweg zu Ende gegangen.

Das Landgericht Stuttgart konnte keine betrügerische Absicht bei der Verwendung von Spendengeldern erkennen. Unterstützer fühlten sich laut eigenen Aussagen nicht getäuscht.
Die Staatsanwaltschaft bleibt jedoch überzeugt von Ballwegs Schuld und kündigt Revision an. Der Fall könnte also noch nicht abgeschlossen sein,
sagt Alina Quast, die Prozessbeobachterin der Welt.
Das Urteil kommt einem Freispruch nahe,
kommentiert die Süddeutsche Zeitung.
Dem ehemaligen IT-Unternehmer war vorgeworfen worden, Spendengelder beziehungsweise „Schenkungen“ für private Zwecke verwendet zu haben und die Zuwender darüber getäuscht zu haben, was mit dem Geld passiert. Konkret soll Ballweg von insgesamt 9450 Personen finanzielle Zuwendungen für seine Organisation in Höhe von 1,27 Millionen Euro eingeworben und davon 575.000 Euro privat verwendet haben.
Die Süddeutsche schrieb im vergangenen Jahr, dass es in dem Prozess „nicht zuletzt darauf ankommen dürfte, wie diejenigen auf die Sache blicken, die Ballweg einst das Geld überwiesen hatten. Nach SZ-Informationen fühlt sich zumindest ein beträchtlicher Anteil der Geldgeber keineswegs betrogen“.
Das hat sicherlich in die Entscheidung mit hineingespielt,
erklärt Quast heute in ihrem Beitrag. Bei einem großen Teil des Geldes sei „schlicht nicht aufzuklären gewesen“, was damit passiert sei.
Zugleich mutet Ballwegs Steuerhinterziehung relativ belanglos an – das Gericht sprach von einer „sehr geringen Schuld“:
Dabei ging es um zwei Fälle in Höhe von 11,42 Euro und 8,11 Euro, außerdem um einen Fall versuchter Steuerhinterziehung – nämlich der verspäteten Abgabe einer Steuererklärung.
Das Gericht verwarnte den Angeklagten lediglich und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu jeweils hundert Euro. Die Geldstrafe wird aber, sofern der Angeklagte keine weitere Steuerstraftat begeht, nicht vollstreckt,
schreibt die FAZ.
Bereits im Frühjahr hatte das Landgericht eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit vorgeschlagen, die Staatsanwaltschaft lehnte dies allerdings ab.

Ballweg saß 279 Tage in Untersuchungshaft, wofür ihm nun eine Entschädigung zusteht. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft sowie die Einziehung von einer halben Million Euro gefordert. Mehr als Hundert Anhänger feierten vor Ort die Urteilsverkündung. Der rechtsextreme Sender AUF1 berichtet auf X von „Jubel im Gerichtssaal. Jubel in Stuttgart. Jubel in der gesamten Freiheits- und Aufklärungsbewegung“.
Auch Ballweg selbst trat bei einer improvisierten Pressekonferenz vor die Kameras. Er sieht sich als politisch Verfolgter mit einer unbequemen Meinung und will mit „Querdenken“ 80.000 Euro Verlust gemacht haben. Auf seinem T-Shirt prangt die Botschaft „Einmal Rebell, immer Rebell“. Wie die Stuttgarter Nachrichten berichten, ging im Gerichtssaal „einer von Ballwegs Anwälten, Ralf Ludwig, durch die Reihen und erzählte fröhlich, dass ein Mann aus der Trump-Administration anwesend sei, die Nummer zwei hinter Kennedy sei er, der mit dem weißen Anzug und dem Bart“.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Zum Weiterlesen:
- „Kein Betrug, aber Steuerhinterziehung“ tagesschau (31. Juli 2025)
- Bilger, Christine „Michael Ballweg von Betrugsvorwurf freigesprochen“ Stuttgarter Nachrichten (31. Juli 2025)
- Video „Michael Ballweg freigesprochen und doch verurteilt“ Cinemaware (31. Juli 2025)
Titelfoto: Wikipedia/Wald-Burger8
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