Bis Ende 2027 soll der klassische Barcode durch neue QR-Codes ersetzt werden. Damit wird wohl auch die „Strichcode-Verschwörung“ der Vergangenheit angehören. Der Youtube-Kanal 2 Bored Guys blickt zurück auf diese verrückte Geschichte, die in Deutschland 2013 durch einen Spiegel-TV-Beitrag populär wurde:

Begonnen hat das Ganze schon viel früher.
Der amerikanische Kommunikationswissenschaftler Jordan Frith datiert den Beginn der Barcode-Verschwörungstheorie auf das Jahr 1975, als eine religiöse Publikation namens Gospel Call den Barcode als das „Malzeichen des Tieres“ identifizierte, ohne das „niemand kaufen oder verkaufen kann“, wie es in der Offenbarung des Johannes heißt. In dem aufgedruckten Zebrastreifen sei nämlich durchweg die „Zahl des Tieres“ 666 verborgen – und zwar wegen der Doppelstriche am Anfang, in der Mitte und am Ende des Strichcodes:

Tatsächlich sind diese sechs längeren Striche gar nicht Teil des Codes, sondern markieren Anfang, Mitte und Ende, um dem Lesegerät Orientierung zu geben. Nichtsdestotrotz griffen Autor:innen wie Mary Stewart Relfe (1982) und Peter A. Lindemann (1995) diesen Nonsens auf:

In den 2000ern kam dann die Idee auf, der Strichcode sei eine Art Antenne, die Strahlung aus der Umgebung aufnehme und verstärke und unser Essen vergifte. Unternehmen wie Lammsbräu, Rabenhorst oder Sonnentor versahen daraufhin die Barcodes auf ihren Produkten mit einem „neutralisierenden“ Querbalken. Esoterikgläubige Verbraucher:innen strichen die Barcodes mit einem speziellen „Entstörstift“ selber durch.
Immerhin: Lammsbräu, Rabenhorst und Sonnentor wollen auf Nachfrage der 2 Bored Guys nichts mehr von dem Nonsens der durchgestrichenen Barcodes wissen. „Sonnentor“ schreibt:
Unsere Haltung ist bodenständig, transparent und fundiert. Symbolik ohne Substanz hat keinen Platz in unseren Regalen.
Drei neuere – eher unbekannte – Barcode-Verschwörungstheorien listet die Firma „Bauer Produktkennzeichnung“ (Leonberg) auf.

Es bleibt abzuwarten, ob Fundamentalchrist:innen nicht auch in den neuen 2D-Codes irgendein „Mal“ erkennen werden. Esoteriker_innen sind eh schon längst am Start, zum Beispiel mit QR-Codes, die „Heilinformationen enthalten“ oder mit „spezifischen energetischen Information programmiert sind“.
Auch nicht viel besser.
Zum Weiterlesen:
- Video „Die Barcode-Verschwörung“ 2 Bored Guys (3. August 2025)
- Barr, Sara „Der Barcode ist tot. Es lebe der QR-Code“ digioneer (1. Januar 2025)
- „Die 50-jährige Ära der Barcodes auf Produkten geht zu Ende“ derStandard (31. Dezember 2024)
- Baraniuk, Chris „The weird history of the barcode“ BBC (20. Oktober 2024)
- Nogge, Hakoon „Strich und die Erklärung sorgen für Shitstorm gegen Lammsbräu“ merkur (28. April 2023)
- Schmidt, Fabian „Die Barcode-Verschwörung: Warum manche Hersteller ihre Strichcodes entstören“ spiegel (8. Juli 2019)
- Rohwetter, Marcus „Rabenhorst: Barcode-Entstörung“ zeit (30. April 2014)
- Dyduch, Sarah „Gefährlicher Barcode?“ derStandard (12. Juni 2013)
Titelfoto: 2BoredGuysOfficial
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