Das Crescent Hotel hat den Ruf, ein Geisterhaus zu sein. Sogar Geisterführungen bietet das Hotel an. Die folgende Geschichte hat vermutlich am Meisten zum Mysterium beigetragen: Für ein paar Jahre war das Hotel ein Krankenhaus, geleitet von einem gewissen Norman G. Baker. Dabei spielten sich viele der interessanten Ereignisse um Baker überhaupt nicht in dem damaligen Krankenhaus ab, sondern schon viel früher. Kommt mit und begleitet uns durch die Geschichte des Scharlatans Norman G. Baker!
Scharlatan oder verkanntes Genie?
Norman G. Baker wurde 1882 in Muscatine, Iowa in den USA geboren. Er war das jüngste von 10 Kindern einer wohlhabenden Familie. Sein Vater war Erfinder und betrieb eine eigene Manufaktur, in der er seine Maschinen entwickelte. Im Laufe der Zeit erwarb Bakers Vater über 100 Patente für seine Erfindungen. Normans Mutter war Schriftstellerin.
Als junger Mann besuchte Baker anderthalb Jahre lang eine Highschool und arbeitete danach direkt in einem Maschinen-Geschäft. Anstatt seinem Vater zu folgen, interessierte sich Baker für die Magie. Er gründete mit ein paar Leuten eine kleine Magier-Gruppe, die sich “Madame Pearl Tangley” nannte. In dieser gab er sich als Mentalist aus und versetzte z.B. Personen in Trance. Man könnte jetzt annehmen, dass hier Bakers Tendenzen für Betrügereien zum ersten Mal sichtbar wurden. Schließlich ist es die Aufgabe von Magier:innen, ihr Publikum hinters Licht zu führen. Allerdings sagen viele Magier:innen, dass ihr Publikum sich freiwillig und mit voller Absicht hinters Licht führen lässt. Dem Publikum ist voll und ganz bewusst, dass sie für diesen Moment betrogen werden. Das heißt, Magier:innen wenden zwar Methoden an, die auch Scharlatane und Betrüger:innen anwenden, allerdings zum Zweck der Unterhaltung. Solche Magier:innen gehen deshalb auch offen damit um, dass sie Tricks benutzen, und versuchen nicht, dem Publikum weiszumachen, sie hätten wirklich übernatürliche Fähigkeiten. Magier, die mit dieser Verantwortung gut umgehen oder umgegangen sind, sind zum Beispiel James Randy, David Copperfield, Val Valentino alias “The Mask Magician” oder das Magierduo Pen & Teller.

Während seiner Tournee verliebte sich Baker in die Schauspielerin, die Madame Pearl Tangley verkörperte. Später heirateten sie, allerdings hielt die Ehe nicht lange. Ebenso hielt auch die Gruppe nur ein paar Jahre. Nachdem die Magier-Gruppe sich aufgelöst hatte, trat Baker dann doch noch zumindest für einige Zeit in die Fußstapfen seines Vaters. Er besaß das gleiche Talent, innovative Maschinen zu entwickeln. Eine seiner Erfindungen war eine Variante der Dampforgel, die allerdings nicht mit Dampf sondern mit Druckluft betrieben wurde. Diese stellte er in seiner eigenen Manufaktur her. 1920 brannte die Manufaktur jedoch ab und er Stand wieder vor dem Nichts. Man musste Baker lassen, dass er sich von solchen Rückschlägen nicht unterkriegen ließ. Allerdings drifteten seine weiteren Bestrebungen ab diesem Zeitpunkt tatsächlich in die Betrügerei ab. Er bot an, per Post anderen Menschen das Zeichnen beizubringen. Es gab dabei nur ein Problem: Baker selbst konnte gar nicht zeichnen. Das war für ihn aber kein Argument, diese Dienstleistung nicht anzubieten.
Ab 1925 betrieb Baker in seiner Heimat einen Radiosender namens KTNT (Know the Naked Truth – kenne die nakte Wahrheit). Diesen nutzte er, um Stimmung unter anderem gegen Tuberkulose Tests und Schutzimpfungen zu machen. Bakers Radiostation sendete offiziell nur regional, konnte aber trotzdem in den ganzen USA empfangen werden. Daher besaß Baker eine unglaubliche Reichweite, die er für politische Zwecke nutzte. So betrieb er politische Propaganda zugunsten des damaligen republikanischen Präsidentenanwärters Herbert Hoover. Baker verbreitete Gerüchte gegen Hoovers Gegner, den Demokraten Al Smith. Hoover gewann 1928 die Präsidentschaft, vermutlich auch durch Bakers medialen Einfluss. Zumindest lud Hoover nach seiner gewonnenen Präsidentschaftswahl Baker zu sich ein. Allerdings war dies auch die Zeit der “Großen Depression”, also der amerikanischen Wirtschaftskrise. Hoovers Versprechen an seine Wähler:innen, den Wohlstand im Land wiederherzustellen, hatte vermutlich den größeren Einfluss auf seinen Wahlsieg.
Der erbitterte Kampf gegen Baker
Natürlich blieben Bakers Aktionen nicht ohne Folgen. Ab 1929 schaltete sich die “American Medical Association” (AMA)1 ein, da Baker nicht mehr nur die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Medizin angriff, sondern mittlerweile sogar behauptete, ein Wundermittel gegen Krebs gefunden zu haben. Er gründete ein Krankenhaus, das er “Institute of Muscatine” nannte. Das Krankenhaus hatte 100 Betten und sein Team bestand aus Chiropraktikern, Osteopathen und Ärzten, deren Titel von eher zweifelhafter Natur waren. Um es konkret zu sagen: Vermutlich waren die Titel gekauft. Sein Wundermittel gab es in zwei Varianten. Einmal ein Puder aus dem Gift Arsen, welches man von außen auf die Haut auftrug und eine Injektion, deren Inhaltsstoffe zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt waren. Darauf kommen wir später wieder zu sprechen. Baker hatte nie eine medizinische Ausbildung absolviert, was er allerdings auch nie behauptet hat.
Die AMA warnte die Bevölkerung vor Bakers angeblicher Krebsheilmethode und warf ihm Scharlatanerie vor. Daraufhin behauptete Baker, dass die AMA ihm eine halbe Million US-Dollar geboten hätte, um das Krebsheilmittel verschwinden zu lassen. Er unterstellte damit der AMA, aus finanziellen Gründen Heilverfahren abzulehnen. Durch die langfristige Behandlung kranker Menschen lasse sich mehr Profit machen als durch ein schnell heilendes Wundermittel.
Solche Vorwürfe gegen die Pharmaindustrie gibt es auch heute noch. Natürlich sind Konzerne auf Profit aus, aber gerade präventive Maßnahmen wie flächendeckende Schutzimpfungen sind für die Konzerne lukrativer als Behandlungen für Wenige – und für die Patient:innen ist Prävention natürlich immer günstiger als langwierige Behandlungsverfahren. In diesem Aspekt widerspricht sich Baker, was aber keine böse Absicht sein muss sondern einfach an Unwissenheit liegen kann. Wie bereits erwähnt, war Baker kein Mediziner.
Diese Unterstellungen ließ die AMA sich nicht gefallen und beauftragte ein Ermittlungsverfahren gegen Baker. Während des Ermittlungsverfahrens wurden Bakers finanzielle Umstände offengelegt. Die Belege dafür lieferte Baker selbst. Darin konnte man erkennen, dass sein Einkommen von monatlich 1.300 US-Dollar mit einem Mal auf 75.000 US-Dollar pro Monat angestiegen war. Dieser plötzliche Anstieg war Bakers enormer Reichweite durch seinen Radiosender KTNT zu verdanken, wodurch er sein Wundermittel populär machen konnte. Die AMA reagierte darauf und setzte unabhängig vom Ermittlungsverfahren die Federal Radio Commission unter Druck. Diese entzog Baker 1931 die Sendelizenz und der Sender machte dicht. Es dauerte nicht lange, bis auch Bakers Institut geschlossen wurde.
Die Ermittler:innen schauten sich zudem Bakers Fallstudien näher an. Baker hatte damals einen Aufruf in den USA gestartet. Es sollten sich Krebspatient:innen als Testpersonen für sein Heilmittel bei ihm melden. Er versprach, dass alle Testpersonen sowohl die Behandlung als auch die Reisekosten und Verpflegung bezahlt bekämen. Tatsächlich meldeten sich 5 Personen bei ihm, die alle an verschiedenen Formen von Krebs litten.

Allerdings kamen die Testpersonen letzten Endes selber für ihre Kosten auf. Baker behandelte die Personen mit seinem Heilmittel und erklärte diese anschließend einfach für geheilt. Tatsächlich starben alle Patient:innen entweder kurz nach ihrer Entlassung oder ein halbes Jahr später. Trotzdem behauptete Baker selbst nach dem Tod seiner Patient:innen, dass er sie geheilt habe. Er erwähnte einfach nicht, dass sie gestorben waren. Darüber hinaus gab es weitere Patient:innen die alle kurze Zeit nach Bakers Behandlung starben – zum Teil noch im Institut. Mit Abschluss des Verfahrens fand die AMA Beweise, dass ungefähr 30 von Baker behandelte Personen gestorben waren.
Baker zog mit einer Verleumdungsklage vor Gericht, da die AMA ihn öffentlich als einen Scharlatan und Schwindler bezeichnete. Er war der Meinung, dass die AMA sich nicht in seine Geschäfte einzumischen habe. Immerhin hatte er seiner Meinung nach den Krebs besiegt. Gegen diese Verleumdungsklage wehrte sich die AMA ebenfalls. Bakers angebliches Wunderheilmittel (die bereits erwähnten Injektionen) wurde analysiert und es stellte sich heraus, dass dieses lediglich aus Kleeblättern, Maisbart, den Kernen von Wassermelonen und Wasser bestand. Es enthielt also keine Substanz, mit der man einen Rückgang von Krebszellen in irgendeiner Weise hätte begründen können. Trotzdem behauptete Baker in seiner Zeitschrift “The Naked Truth” vom Dezember 1929 mit der Überschrift “Cancer is Conquered” (Krebs ist besiegt), dass das Heilmittel nicht nur gegen Krebs helfe, sondern auch gegen andere Krankheiten, wie Rheuma, Diabetes oder Gallensteine. Letzten Endes fiel das Gerichtsurteil einstimmig zugunsten der AMA aus.
Übrigens sollte man als Patient:in skeptisch werden, wenn ein Medikament angeblich verschiedene Krankheiten heilen soll, die nichts miteinander zu tun haben. Wenn man an einer medizinischen Behandlungsmethode zweifelt, ist es völlig legitim, eine zweite Meinung von einer anderen Fachärztin oder einem anderen Facharzt einzuholen.
Bakers Neuanfang im Crescent Hotel und sein Untergang
Wie schon erwähnt, ließ sich Baker von Rückschlägen nicht unterkriegen. 1937 erwarb Baker das damals ziemlich heruntergekommene Crescent Hotel in Eureka Springs. Dieses ließ er nach seinen Vorstellungen renovieren. Viele Elemente des nun als Krankenhaus fungierenden Gebäudes wurden in Lila gestrichen. Er selbst trug häufig einen weißen Anzug mit einem lilafarbenen Hemd. Selbst sein Auto war orchidenfarben – und das zu einer Zeit, in der die meisten Autos einfach schwarz waren. Die Farbe wurde zu seinem Markenzeichen, weshalb man ihn in dem Ort auch “The Man in Purple” nannte. Ein Jahr später eröffnete er das “Baker Hospital and Health Resort”, indem er ein weiteres Mal Krebspatient:innen behandelte. Die Behandlungen selbst dauerten 3 bis 6 Wochen. Wieder einmal nutzte er die damaligen Medien, um sein neues Krankenhaus zu bewerben. Er behauptete explizit auf Flyern und Postern, dass seine Heilmethode keine Operationen oder Chemotherapie benötigen würde. Desweiteren waren auf diesen Flyern Sprüche zu finden, wie “Wir schneiden keine Organe heraus”. Er propagierte dadurch das Bild, sein Wunderheilmittel sei eine sanfte Alternative.
Allerdings schloss das Krankenhaus schon zwei Jahre nach seiner Eröffnung wieder, da Baker wegen Missbrauch der Post angeklagt und verurteilt wurde. Das Gericht erklärte ausdrücklich, dass es kein Verbrechen nach US-Gesetz sei, sich einen Betrug auszudenken und zu planen. Es sei aber nicht erlaubt für seine Betrügereien das Postamt zu missbrauchen. LOL!
Baker starb 1958 in Miami, Florida, USA an einer Zirrhose. Zirrhosen treten häufig durch einen erhöhten Alkoholkonsum auf, können aber auch durch Hepatitis-Viren verursacht werden. Er wurde auf dem Greenwood Friedhof in Muscatine in dem selben Grab wie seine Schwester beigesetzt. Letzten Endes liegen seine Überreste an dem Ort, an dem er die meiste Zeit seines Lebens verbracht hatte.
Fun Fakt: Später, im Jahr 2019, fand man bei Bauarbeiten sogar Glasflaschen, die man Baker zuordnete. Darin soll sich das Wunderheilmittel befunden haben. Die heutigen Eigentümer:innen des Hotels wollten eigentlich nur den Parkplatz erweitern. So gesehen kann man sagen: Ein guter Haushalt verliert nichts 😉
Was hat Bakers Geschichte mit dem Spuk im Crescent Hotel zu tun?
Bakers Geschichte hat heute einen großen Einfluss darauf, dass das Crescent Hotel als Geisterhotel angesehen wird. Die Veranstalter selber weisen auf die vielen Krebspatient:innen hin, die vermutlich durch Bakers Betrügereien gestorben sind. Wir möchten aber erwähnen, dass man sich bei bestimmten Krankheiten nie ganz sicher sein kann, ob Patient:innen nicht ohnehin gestorben wären. Es bleibt also unklar, ob der Krebs oder das vermeintliche Wundermittel die Menschen getötet hat. Eine echte Behandlung, beispielsweise mit einer Chemotherapie, hätte ihren Tod allerdings verhindern können und sie starben auf jeden Fall schneller, weil sie dies nicht in Anspruch nahmen. Baker nutzte seine Reichweite, um ganz explizit Desinformationen über gängige, wirksame Krebstherapien zu verbreiten. Allerdings bleibt die Frage offen
weshalb die Geister im Crescent Hotel herumspuken sollen, aber nicht im “Institute of Muscatine”, wo ebenfalls Patient:innen gestorben waren. Viele der Patient:innen starben auch gar nicht vor Ort, da Baker sie als “gesund” entlassen hatte, um sein Lügengebilde aufrecht zu erhalten. Es ist auch interessant, dass sogar manchmal behauptet wird, Bakers Geist höchstpersönlich spuke im Crescent Hotel, obwohl Baker überhaupt nicht im Crescent Hotel gestorben ist. Vielleicht ist das Crescent Hotel für viele Geister auch einfach “the place to be” – eine Art cooler Geistertreffpunkt 😉 Wir haben allerdings unsere Zweifel daran und stehen dem ganzen skeptisch gegenüber.
Falls ihr trotzdem glaubt, dass das Crescent Hotel tatsächlich Geister beherbergt und uns eure Belege schickt, dann werden wir uns diese anschauen und können gerne nochmal einen weiteren Artikel zum Crescent Hotel machen. Schreibt uns entweder in die Kommentare oder per Mail unter youngskeptix@skeptix.org.
Bleibt neugierig und stellt Fragen, denn die Welt hat noch viele Geheimnisse versteckt!
- Die AMA ist die größte Ärzte-Vertretung in den USA und publiziert die Zeitschrift “Journal of the American Medical Association” ↩︎
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