Viele Merkwürdigkeiten: Die Verschwörungsgroteske „Bugonia“ jetzt im Kino

(Lesedauer ca. 5 Minuten)

Kim Kardashian sitzt also der Verschwörungstheorie von der gefälschten Mondlandung auf:

https://www.youtube.com/shorts/RmPIqJMrpdo

NASA-Chef Sean Duffy widerspricht ihr öffentlich – so what?

Aber nehmen wir mal an, Kardashian würde Duffy entführen, foltern und versuchen, „die Wahrheit“ aus ihm herauszupressen.

Das ist in etwa der Plot des Films „Bugonia“, der derzeit in den Kinos läuft. Allerdings glaubt der Verschwörungsideologe Teddy (Jesse Plemons), dass sein Opfer Michelle Fuller (Emma Stone) nicht bloß eine skrupellose Konzernchefin ist, sondern auch eine echte Außerirdische, die die Erde zerstören will:

Gemeinsam mit seinem ihm hörigen Cousin Don (Aidan Delbis) entführt er die steinreiche, einflussreiche Frau, rasiert ihr die Haare ab, damit sie – klar! – keinen Kontakt mit ihresgleichen aufnehmen kann, und sperrt sie in den Keller seines abgelegenen Hauses.

Sie soll gestehen, dass sie ein Alien ist, und die Männer in der kurz bevorstehenden Mondfinsternis mit auf ihr Raumschiff nehmen, damit sie mit ihrem Vorgesetzten sprechen können.

https://www.youtube.com/watch?v=n5r3JYud6pY

Das ist weitaus abgedrehter als die Auseinandersetzung zwischen Kim Kardashian und Sean Duffy – trotzdem ist das filmische Dialogduell Teddy vs. Fuller durchaus interessant, zumal Teddy und sein Gehilfe zunächst realistisch gezeichnet sind, wie das Onlinemagazin Golem schreibt:

Die beiden Entführer im Mittelpunkt haben Schicksalsschläge erlitten, sie leiden darunter, beobachten wirkliche Probleme. Daraus spinnt sich scheinbar von selbst eine neu formulierte Sicht auf die Welt, in der für sie alles Sinn ergibt und sie außerdem als Helden dastehen.

Es sind vertraute Muster typischer Querdenker.

https://www.upig.de/micro/bugonia

Als „psychologisches Kammerspiel“, das manche Kritiker (Standard, NDR, nd, Falter) in dem Film sehen wollen, hätte „Bugonia“ womöglich gut funktionieren können, denn

…. alle Charaktere sind in gewisser Weise zugleich Protagonist und Antagonist, Täter und Opfer.

Doch dabei bleibt es nicht. Die Keller-Szenerie artet in eine Art Torture-Porn-Movie aus, und gegen Ende kippt „Bugonia“ zu einer Sci-Fi-Komödie mit ambivalenter Pointe. Ob es sinnvoll ist, mindestens drei Filme in einem zu erzählen, anstatt sich stringent auf eine Story zu fokussieren, muss wohl jede:r Zuschauer:in für sich selbst entscheiden:

https://www.instagram.com/stories/highlights/18060661571406231/

Klar, dass der Verleih bei der Deutschlandpermiere in Berlin nur die positiven Stimmen eingefangen hat. Bei einer normalen Abendvorstellung in Augsburg wurde „Bugonia“ überaus kontrovers aufgenommen.

Dass

… die sich bekriegende, auf das Klima und die Wahrheit scheißende Menschheit an sich selbst krepiert,

wie epd film den Streifen analysiert – so what, das wissen wir seit „Soylent Green“ von 1973. So gesehen, hat Regisseur Giorgos Lanthimos mit „Bugonia“ kaum mehr als eine Neuverfilmung von „Save the Green Planet“ (2003) abgeliefert:

https://www.dailymotion.com/video/x9msbdk

Natürlich kann man dem Film den einen oder anderen Aspekt zum Thema Verschwörungstheorien entnehmen, etwa:

Wichtiger als die Feststellung, dass ein Verschwörungsideologe in dem Film am Ende mit vielem richtig liegt, ist zu erkennen, dass er dennoch nie die ganze Wahrheit anzunehmen bereit ist.

Sein Blick aufs große Ganze war nie wissenschaftlich neutral, trotz all seiner Beweise und Indizien.

Vielleicht hätte Teddy wirklich die Welt retten können, wäre er nicht von emotionaler, nur persönlicher Motivation getrieben; hätte er sich nicht von Rachegelüsten überkommen lassen; wäre sein Trauma nicht, was in letzter Instanz seine Logik bestimmt.

Teddys Weltbild muss genau so sein, wie er es haben will. So wird er nicht zum Helden. Sein Handeln ist lediglich ein weiteres fatales Symptom der Missstände, die er nur oberflächlich erkannt hat […]

Unbequeme Wahrheiten lassen sich jedoch nicht zurechtbiegen, wie sie einem am besten passen. Auch nicht mit Gewalt.

Aber das macht nur einen geringen Teil von „Bugonia“ aus. Statt mit „Schärfe und Relevanz“ zu zeigen, was gerade in der Welt passiert, gefällt sich der Film eher in „vielen Merkwürdigkeiten“ und stilisierter Seltsamkeit.

Wie heißt es bei Telepolis treffend:

Manche würden das Kunst nennen.

Zum Weiterlesen:

Titelfoto: Universal Pictures

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