Vor zwei Wochen haben wir schon darauf hingewiesen – jetzt ist es soweit:
Das renommierte Fachjournal The Oncologist hat die Skandal-Studie zum „Überleben von Lungenkrebspatienten mit homöopathischer Komplementärbehandlung“ (Frass et al. 2020) zurückgezogen:

Mit dieser Arbeit, die 2020 im Oncologist publiziert wurde, wollte der österreichische Mediziner und Homöopathie-Anhänger Michael Frass als Hauptautor belegen, dass eine homöopathische Therapie, ergänzend zur normalen Behandlung, nicht nur die Lebensqualität der Studienpatienten mit Lungenkrebs steigerte, sondern sie auch länger überlebten.
Frass sprach von „außerordentlich deutlichen Effekten“ auf die Überlebensdauer und die Lebensqualität von Lungenkrebspatienten. Kritiker – wie das Informationsnetzwerk Homöopathie und die österreichische Initiative für wissenschaftliche Medizin – sahen dagegen „Datenfälschung, Datenerfindung, Datenmanipulation“:
Wie gehabt, eine neue Mogelei
kommentierte Christian Kreil bei Stiftung Gurutest.
Im Dezember 2022 versah der Oncologist die Onlineversion mit einer „Besorgnisäußerung“ (Expression of concern), da die Studie unter Verdacht stehe, nicht zuverlässig zu sein. Eine ausführliche Untersuchung des Vorwurfs laufe.
Im September 2024 zierte dann ein „Korrekturvermerk“ die Publikation, offenbar von Frass selbst verfasst. Parallel dazu verstieg sich die Vorsitzende des Editorial Boards, Susan E. Bates, in einem Editorial zu einer peinlichen Huldigung der homöopathischen Phantasievorstellungen – und erklärte die Angelegenheit praktisch für beendet.
War sie aber nicht.
Im April 2025 befasste sich das Laborjournal ausführlich mit dieser Farce und stellte „die entscheidende Frage“:
Warum scheuen sich seriöse Fachjournale, Fehler im Peer-Review-Verfahren einzugestehen und riskieren damit nicht nur ihre eigene Reputation, sondern die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft insgesamt?
Was muss noch geschehen, damit eine fehlerhafte Publikation zurückgezogen wird?
Frass‘ Fehlverhalten verbleibt somit trotz Correction unkommentiert in der Literatur. Einmal mehr versagt ein Fachjournal in seiner Funktion als Hüter wissenschaftlicher Integrität.
Doch am Ende haben „Beharrlichkeit und konsequente Integritätsarbeit“ gesiegt, schreibt das INH heute:
Eine zentrale Pseudoevidenz für die Homöopathie existiert nicht mehr.
Und der Oncologist:

Zum Weiterlesen:
- „Die Retraktion der Frass-Studie (2020): Abschluss und Einordnung eines langen, schwierigen Prozesses“ INH (25. November 2025)
- Harder, Bernd „Homöopathie im Sinkflug – und die Frass-Studie vorm Rückzug?“ skeptix (10. November 2025)
- Müller, Henrik „Publikationskontroverse – Wenn Medizin zur Glaubensfrage wird“ Laborjournal (14. April 2025)
- Ernst, Edzard „Zweifelhafte Krebsstudie: Gute Absicht, schlechte Medizin“ spiegel (27. Mai 2025)
- Aust, Norbert/Weisshäupl, Viktor „Homeopathy Research Hits New Low“ Skeptical Inquirer (May/June 2023)
- Kreil, Christian „Homöopathie: Wie gehabt, eine neue Mogelei“ derStandard (8. November 2022)
- Schönberger, Alwin „Homöopathie bei Krebspatienten: Fast zu schön, um wahr zu sein“ profil (28. Oktober 2022)
Titelfoto: Pixabay/Bru-nO


Schreibe einen Kommentar