Bevor wir uns wieder ernsthafteren Dingen zuwenden, tut es vielleicht ganz gut, das skeptische Hirn mal etwas zu entlüften:
Die Folge „Zuviel Zukunft ist auch nicht gut“ aus der Krimireihe „Heiter bis tödlich: Zwischen den Zeilen“ hebt das skurril-komische Potenzial der Esoterik.
Durch die knapp 50 Minuten wabern Buzzwords wie „Blaues Mondwasser“, „feinstoffliche Energien“ oder „Venusfisch mit Schleierschwanz, verbreitet eine absolut positive Aura, für 2865 Euro“, die uns allen sehr bekannt vorkommen.
Die Handlung, ein Mordfall im Esoterik-Milieu, ist simpel, die Auflösung unspektakulär – aber die Wahrsagerin Gorumbati (Martina Eitner-Acheampong), die zu einer Vorhersage für ein Pferderennen genötigt wird, hat schon was:
Hellbraunes Fell, langes wallendes Haar, breite Nüstern.
Genau so sieht er aus, der Siegergaul. In der Kristallkugel.
Und gar nicht mal so weit hergeholt ist das Anliegen, mit dem die Kriminalhauptkommissarin Susanne Bradulic (Nina Petri), die gerne Polizeipräsidentin werden möchte, zur Wahrsagerin kommt:
Bradulic: Können sie nicht den ganzen Kokolores einfach lassen und gleich zur Sache kommen? Mir geht’s heute nicht so gut.
Wissen Sie, ich möchte mich einfach zurücklehnen, die Augen schließen und lauter positive, schöne Sachen über mich hören – ist das denn zuviel verlangt?
Gorumbati: „Ich sehe Männer, gutaussehend, in Anzügen, die Ihnen Beifall klatschen.“
Bradulic: Ist der FDP-Landesvorsitzende auch dabei?
Gorumbati: „Ja, ich würde sagen, ja, das isser.“
Die Folge „Zuviel Zukunft ist auch nicht gut“ ist von 2013, wird aber gerade bei One wiederholt und findet sich deshalb in der Mediathek. Die Figuren sind sympathisch, allenfalls geringfügig überzeichnet, und geben Sätze von sich, die jeden Skeptiker erfreuen:
Der Mond ist das Wichtigste!
„Wofür?“
Ich bin Heiler!
„Ah, Sie machen auch so einen Esoterik-Scheiß.“
In der Realität ist der Eso-Klamauk leider nicht so lustig:
Krieg, Umwelt, Inflation – die Ängste nehmen zu, und damit auch die Anziehungskraft scheinbar einfacher Lösungen,
wird Christoph Grotepass vom Sekten-Info NRW heute in den Medien zitiert. Stark zugenommen hätten in den vergangenen Jahren Fälle mit unseriösen sogenannten Life-Coaches, die mit teuren Lebenshilfe-, Partnerschafts- oder Karrierekursen Ängste und Unsicherheit von Menschen aufgriffen, dabei aber keine wirkliche Hilfe leisteten.
Ähnliches berichten Sarah Pohl von der Beratungsstelle ZEBRA in Freiburg und die Schweizer Tageszeitung Blick. In dem Artikel warnt der Zukunftsforscher Andreas Krafft:
Es ist wichtig, eine gewisse Selbstbestimmung zu behalten. Der einzelne Mensch muss weiterhin beurteilen, ob das, was geschieht oder mir gesagt wird, gut ist oder nicht.
Schön gedacht – aber hier ist sogar „Zwischen den Zeilen“ realistischer, etwa bei diesem Dialog zwischen Anbieterin (l.) und einem Kunden:
Also irgendwie hat das Zeug überhaupt nicht funktioniert, das Einzige, was steht, sind meine Haare.
„Ja aber, Sie sollten doch auch auf Vollmond warten. War denn schon Vollmond? Nein!“
Ach so, dann nichts für ungut.
Quellen:
- Frommelt, Ravena: „Astrologie, Tarot und Meditation sind hip“ blick (21. Januar 2025)
- „Viel Andrang bei Sekten-Beratung – braune Esoterik“ zeit (22. Januar 2025)
- Harder, Bernd „Nicht nur guter Rat ist teuer: Humbug aus der Coaching-Szene“ skeptix (16. Januar 2025)
Titelfoto: ARD/Frank Dicks
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