Immer noch ein Mammutprojekt!

(Lesedauer ca. 5 Minuten)
von Fabian Deister

Wo sind die Mammutherden?

Ob es um das Verlängern des Lebens durch Kryostase, ewige Jugend oder die Erschaffung von künstlichem Leben geht, die Biologie bietet immer mal wieder einen guten Fundus an originellen und skurrilen Ideen. Teilweise mögen diese Projekte von vornherein zum Scheitern verurteilt sein, da sie bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen; manche Ansätze hingegen, die auf den ersten Blick nach Science-Fiction klingen, sind in Wirklichkeit gar nicht so weit hergeholt. In vielen Fällen lassen sich solche Ideen jedoch nur mit gründlicher Recherche oder Expertenwissen korrekt einordnen. Das trifft auch auf die Meldung zu, die Mitte Januar bei t-online veröffentlicht wurde .

Die US Firma Colossal Biosciences hatte vor kurzem bekanntgegeben, dass durch Investor:innen weitere 200 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt wurden, um das Wollhaar-Mammut wiederzubeleben. Die Investor:innen scheinen an das Projekt zu glauben, in dem am Ende nicht nur das Mammut, sondern auch der Dodo und der Beutelwolf wieder unter uns leben sollen. Auch wenn die Firma bis jetzt keine Bestrebungen gezeigt hat, Dinosaurier zu klonen, erinnert der Plan eher an Jurassic Park als an tatsächlich umsetzbare Wissenschaft. 

Ist das alles nur der unerfüllte Wunsch von Superreichen, die nicht wissen, wo sie ihr Geld noch investieren sollen, oder steht die Firma kurz vor dem Durchbruch?

In den letzten Jahren gab es immer wieder Ankündigungen, dass bald das erste Mammut-Kalb  geboren würde. Als Grund wurde angegeben, dass  das Projekt unter anderem dem Artenschutz und der Biodiversität-Erhaltung diene.

Was kann die Wissenschaft schon? 

Tatsächlich hat die Biologie in den letzten Jahren unglaubliche Fortschritte gemacht, darunter auch  die Technologie, mit der  DNA gelesen und modifiziert werden kann. Nicht nur ist das Sequenzieren günstiger und schneller geworden, auch hat die Präzision, mit der die sogenannte Genschere “CRISPR-cas9” DNA verändern kann, neue Möglichkeiten für die Biologie eröffnet.

Beides sind wichtige Technologien, die für einen Erfolg des Projektes erforderlich sind, sie stehen jedoch noch nicht am Ende ihrer Entwicklung. Die Sequenzierung wird etwa benötigt, um das Erbgut und somit den “Bauplan” des Mammuts zu lesen. Die Genschere kommt dann zum Einsatz, wenn es darum geht, diesen Bauplan anzupassen. 

Trotz anderslautender Presseberichte scheint sich die Firma dessen bewusst zu sein, dass es keinesfalls darum gehen wird, echte Mammuts wiederaufleben zu lassen, sondern gentechnisch veränderte Asiatische Elefanten. Das liegt daran, dass die Analyse von wirklich alter DNA trotz weiterentwickelter Sequenziertechnik nicht ohne ein so genanntes Referenzgenom funktioniert. DNA ist zwar in mancher Hinsicht außerordentlich stabil, verändert sich aber über lange Zeiträume und verliert manche  Informationsbausteine unwiederbringlich. Zur Kompensation dieses Verlustes werden bekannte Genome dabei als eine Art Schablone für die Mammut-DNA verwendet.  

Durch den Vergleich von bekannter DNA mit Mammut-Genen ist es durchaus möglich, Merkmale zu finden, die das Mammut von den heutigen Elefanten unterscheiden. Erst letztes Jahr wurde in der Fachzeitschrift Cell berichtet, dass sowohl die Chromosomenzahl als auch viele strukturelle Eigenschaften des Mammut-Genoms mit dem eines Elefanten übereinstimmen und man daneben relevante Unterschiede identifizieren konnte. 

Die Forschenden gaben dabei jedoch selbst zu, dass diese Erkenntnisse mit großer Vorsicht behandelt werden müssten und dass sie weit entfernt davon seien, alles vollständig und zuverlässig erfasst zu haben. 

Was macht ein Mammut zum Mammut?

Geplant ist offenbar, dass ein Elefant ein Kalb austragen soll, dessen DNA zum Teil nach Vorbild der Mammut-DNA verändert wurde. Das Ergebnis wäre dann ein gentechnisch veränderter Organismus ähnlich wie Pflanzen oder Mäuse, die grün leuchten. Ein echtes Mammut wäre es allerdings nicht.

Bei dem grün leuchtenden Protein, das man als künstliches Gen in Genome einschleusen kann, weiß man, was es macht. Es leuchtet grün! Anders sieht es bei den für das Mammut spezifischen Genen aus. Die Eigenschaften, die das Mammut von Elefanten unterscheiden, sind dabei noch nicht gut genug erforscht. Es gibt Hinweise, dass man beispielsweise in Bezug auf die Fellbildung potenziell wichtige Gene gefunden hat, die aber wiederum nur in einem Komplex von anderen Genen und Strukturen funktionieren werden. Noch komplexer ist wahrscheinlich die Fähigkeit, in extremer Kälte zu überleben. Was für die Mammuts einen wichtigen Vorteil darstellt, fordert heutige Forscher:innen extrem heraus.    

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Nach heutigem Stand der Technik ist es ohne Zweifel möglich, fremde oder sogar künstliche Gene in die Genome von Tieren und Pflanzen einzubauen. In manchen Teilen der biologischen Forschung ist das mittlerweile bereits zu einem Standardverfahren geworden. Das allein ermöglicht aber noch nicht das Wiederbeleben ausgestorbener Spezies. Erste Versuche mit kürzlich ausgestorbenen Tierarten scheiterten daran, dass die Tiere nach der Geburt nicht lebensfähig waren. Diese Fehlschläge illustrieren die Komplexität der ganzen Unternehmung. Ein paar veränderte Gene führen höchstwahrscheinlich eher dazu, dass das Tier  (wenn überhaupt) mit Missbildungen und krank auf die Welt kommen wird, als dazu, dass wir ab 2028 Mammuts bewundern können. Momentan wissen wir bei weitem zu wenig über die vielen Stellschrauben in der Genetik, um diese Probleme zu überwinden. Es kann durchaus sein, dass wir dafür wieder eine neue Art von Technologie erfinden müssen, da auch die jetzige irgendwann an ihre Grenzen gerät. 

Als Fazit lässt sich sagen, dass der Erfolg dieses “Mammutprojektes” (was es zweifelsohne ist) relativ unwahrscheinlich ist, sollte in den nächsten Jahren nicht wieder eine große technische Revolution anstehen. Wenn dadurch aber 200 Millionen Dollar in Grundlagenforschung investiert würden, ließe sich dadurch bestimmt die eine oder andere Frage lösen. 

Instagram: @fabiologe

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Quellen:

Kommentare

Eine Antwort zu „Immer noch ein Mammutprojekt!“

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