Der Fall Josephine R. und der „blinde Fleck“ der Rituelle-Gewalt-Verschwörungstheorie

(Lesedauer ca. 12 Minuten)

Ja, die guten alten Zeiten – als man noch Filme machen konnte,

… in denen man sich einfach mal auf die Seite eines betroffenen Opfers gestellt hat und dem einfach mal Glauben geschenkt hat, und für diesen Glauben dann auch ganz viel Geschichten erfahren hat,

greint die Filmemacherin Liz Wieskerstrauch in einem aktuellen Youtube-Video:

https://www.youtube.com/watch?v=gqaW5H4tvlg

So ist auch Wieskerstrauchs zweiteilige Doku „Höllenleben“ (NDR 2001/2003) entstanden, in der selbstdefinierte Betroffene von ritueller Gewalt „von schwarzen Messen in einer Kirche, Ritualen auf dem Friedhof, Folter und Kindstötungen“ erzählten.

„Höllenleben“-Protagonistin „Nicki“ starb 2023. Die Kriminalpsychologin Lydia Benecke interpretierte die Hintergründe ihres Falls etwas anders:

Es ist tragisch, dass ein Mensch, der berichtet, er sei unter schwerer Verwahrlosung, Vernachlässigung, sexuellem und körperlichem Missbrauch innerhalb einer desolaten, sozial schwachen Familie aufgewachsen, aufgrund seiner Lebensgeschichte deutlich weniger Aufmerksamkeit, Unterstützung, Zuwendung bekommt, als wenn genau dieser Mensch im Laufe seiner Therapie beginnt, von generationenübergreifenden, Kinder wie Computer programmierenden Satanistensekten zu berichten.

Aber das war nun mal die interessante „Geschichte“.

Heute, mehr als 20 Jahre nach „Höllenleben“, kommt man mit solchen „Geschichten“ bei den großen TV-Sendern „nicht mehr durch“, klagt Wieskerstrauch – „aus Angst, Dinge zu erzählen, die nicht bewiesen sind“.

In einem weiteren Video räumt Wieskerstrauch sogar selbst ein, dass

… rituelle Gewalt zumindest in Deutschland noch in keinem einzigen juristischen Verfahren bewiesen ist.

Das hat sie allerdings nicht davon abgehalten, einen neuen Film zum Thema „rituelle Gewalt“ zu produzieren: „Blinder Fleck“, der „von zahlreichen Spendern finanziert“ wurde und am Mittwoch in einem Bremer Kino Premiere feiert.

https://www.youtube.com/watch?v=vDnL_oonX04

Noch vor der Erstaufführung trifft Wieskerstrauch zwei bemerkenswerte Aussagen:

Erstens, selbst wenn „rituelle Gewalt“ nach Auffassung von Kritikern eine Verschwörungslegende ist:

Aber das Thema für mich ist ja, wie kommt es denn dahin? Warum wird das denn nicht bewiesen, wo es doch so viele Menschen gibt, die solche Erinnerungen haben? Das muss doch irgendwo herkommen.

Und dieser Diskussion wollte ich mich stellen, auch dieser Infagestellung, das werde eingeredet von Therapeuten, das sind so Dinge, welcher Therapeut hat so ein Interesse, was sollte dahinter stecken?

Nicht nur der Schweizer Psychiater und Gutachter Thomas Maier hätte diese Frage ausführlich beantworten können. Dass weder er noch irgendwelche anderen Kritiker:innen der Rituelle Gewalt-Mind Control-Verschwörungstheorie (RG-MC) in „Blinder Fleck“ zu Wort kommen, zeigt, dass die Filmemacherin sich weder einer Diskussion stellen wollte noch den aktuellen Wissensstand zu ihrem Thema überhaupt zu kennen scheint.

Zweitens: Unverdrossen behauptet Wieskerstrauch, Kindesmissbrauch „in rituellen Gewaltstrukturen“ werde „von der Gesellschaft abgekanzelt“, es werde „nicht hingeguckt“,

… man will es nicht wissen, man kann es nicht glauben, man will es absichtlich nicht glauben, man hält Experten wie Betroffene womöglich für Lügner, diskreditiert Therapeuten, die mit Betroffenen dieser Art arbeiten.

Hat Wieskerstrauch auch nur am Rande den Fall Josephine R. mitbekommen, bei dem es genau andersrum war? Höchstwahrscheinlich ja, aber wenn die Filmemacherin dem nachgegangen wäre, hätte sie ihre Geschichte vom angeblichen „Blinden Fleck“ in der Gesellschaft so nicht erzählen können.

In dem Youtube-Interview gibt Wieskerstrauch vor, ernsthaft an der Frage interessiert zu sein,

… wie es kommt, dass so viele Menschen solche Erinnerungen [an rituellen Missbrauch] mit sich herumtragen? Und wenn es nicht wahrhaftig wäre, diese Frage habe ich auch tausend Leuten gestellt, wenn das nicht wahr wäre, wo kämen denn dann diese Erinnerungen her?

Wir wissen nicht, wer diese tausend „Expert:innen“ gewesen sein sollen – jeder, der auch nur halbwegs mit der RG-MC-Verschwörungstheorie vertraut ist, hätte Wieskerstrauch das erklären können. Es sei denn, sie wollte die Antwort vielleicht gar nicht so genau wissen. Möglicherweise möchte die Filmemacherin lieber wieder eine „Geschichte“ erzählen, die so eindeutig und simplifizierend ist, wie Verschwörungsgläubige sich das wünschen.

Wäre Wieskerstrauch stattdessen auch auf den Fall Josephine R. eingegangen, hätte sie sich zwangsläufig für die Erkenntnis öffnen müssen, dass die Wahrheit komplizierter ist, als das Mantra

Man will das nicht hören, man will das nicht sehen, will es nicht glauben,

es vermuten lässt, welches der Pressetext für ihren Film „Blinder Fleck“ aufsagt. Und dass Fernsehsender mitunter richtig liegen, wenn sie sich weigern, „Dinge zu senden, die nicht bewiesen sind“.

https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/article408644386/goslarer-justizirrtum-kapitel-1.html

Der Spiegel und die Braunschweiger Zeitung haben gemeinsam den Justizskandal um Josephine R. nachrecherchiert. Spiegel-Redakteur Christopher Piltz beginnt seinen Artikel so:

Sollte es einmal eine Netflix-Serie geben über die Geschichte
der Josephine R., dann könnte die erste Folge mit dieser Szene
beginnen …

Mit einiger Sicherheit wird es tatsächlich mal ein Fernsehstück über diesen Fall geben. Und wir sagen hier und heute voraus, dass dieses nicht von Liz Wieskerstrauch realisiert werden wird, die sich zwar „zahlreicher Dokumentarfilme“ rühmt, aber deren Glaube an „rituelle Gewalt“ auf Prämissen basiert, die zuletzt von Josephine R. ad absurdum geführt wurden:

Warum [haben] die Ermittlungen bislang in keinem einzigen Fall zu einer Anklage, geschweige denn zu einer Verurteilung geführt? Glaubt man den zahlreichen Opfern nicht? Wird schlampig ermittelt? Warum werden Verfahren so schnell eingestellt?

Im Fall Josephine R. war alles ganz anders, schreibt der Spiegel:

Ihre Lügen führten zu intensiven Ermittlungen, mit elf Beschuldigten, rund 60 Verdächtigen und fast 90 Verfahren. Die Akten füllen einen ganzen Raum.

https://cdn.prod.www.spiegel.de/stories/195163/index.amp.html

Zu guter Letzt blieb nichts davon übrig. Und die wirklichen Fragen, die sich heute stellen, formuliert Erik Westermann von der Braunschweiger Zeitung so:

Alle vormals Beschuldigten werden als Zeugen befragt, die Gespräche dauern Stunden. Es gibt so viel zu sagen. Sie alle stellen eine Frage: warum?

  • Will sich Josephine überlegen fühlen, wie die Rechtspsychologin vermutet?
  • Ist sie eine notorische Lügnerin, wie ihr Kollege sagt?
  • Ist es die Sucht nach Aufmerksamkeit, wie der Ex-Mann glaubt?
  • Ist es Eifersucht, wie die Mutter meint?
  • Oder ist es am Ende die Sehnsucht, ein Opfer zu sein?

Die heute 26-Jährige hatte zahlreiche Menschen beschuldigt, sie immer wieder sexuell missbraucht zu haben. Die Rede war von einem großen Täternetzwerk, von schwarzen Messen im Wald, umgedrehten Kreuzen, getöteten Babys, brutalen Orgien, ominösen Regelwerken, einer dissoziativen Identitätsstörung, einer Art Programmierung des kindlichen Geistes und vielem mehr.

Im Juni 2023 verurteilte das Braunschweiger Landgericht die Mutter von Josephine R. zu mehr als 13 Jahren Haft, den Stiefvater zu neuneinhalb Jahren. Am 6. März 2024 hob der Bundesgerichtshof das Urteil gegen die Eltern auf. In einem neuen Verfahren gab es einen „Freispruch erster Klasse, ein Freispruch wegen erwiesener Unschuld“, so die Richterin.

Die Ex-Freundin des vermeintlichen Opfers sitzt derzeit immer noch eine Haftstrafe von sechs Jahren und fünf Monaten ab. Miriam A. ist hoch wahrscheinlich unschuldig, legte aber 2022 ein Geständnis ab, dass auch sie Josephine R. sexuell missbraucht hätte. Mittlerweile scheint klar zu sein, dass Miriam A. gelogen hat – wohl aus „blinder Liebe“ zu Josephine R.(Süddeutsche), um ihrer Lebensgefährtin mehr Glaubhaftigkeit zu verschaffen.

https://cdn.prod.www.spiegel.de/stories/195163/index.amp.html

Wie konnte das passieren?

Selbstverständlich war es richtig, den Vorwürfen nachzugehen, stellt Piltz im Spiegel klar:

Früher wurden solche Anschuldigungen übersehen, überhört, bagatellisiert, das ist lange vorbei. Heute gibt es bei Behörden, Justiz und Polizei  eine Sensibilität, wenn es um Verdachtsfälle sexueller Gewalt geht. Den Opfern Glauben zu schenken, war eine wichtige Forderung der #MeToo-Bewegung.

Doch was dann geschah, ist das Gegenteil dessen, was Liz Wieskerstrauch behauptet:

  • „Nur das, was die Anklage belegte, wurde als Fakt akzeptiert“, erklärt die Rechtspsychologin Susanna Niehaus im Spiegel.
  • Es sei wichtig, offen für Gegenargumente zu sein. „Aber das habe ich bei der Staatsanwältin nicht gespürt“, sagt die Rechtspsychologin Bettina Reinhold in der Braunschweiger Zeitung. Als Gutachterin ging Reinhold bei Josephine R. von einer Mischung aus Falschbezichtigungen und Scheinerinnerungen aus.
  • Von einem „Systemversagen“ spricht Susanna Niehaus in der Braunschweiger Zeitung:

Einer der Hauptgründe: die fehlende professionelle Distanz der Beteiligten und ihre emotionale Befangenheit. Angefangen beim Therapeuten von Josephine R., über die Staats- und die Opferanwältin bis in die Justiz stoße man immer wieder auf „suggestive Vorgaben und schwer mitgenommene Äußerungen anstelle der gebotenen Neutralität“.

Die Behörden hätten sich in die Irre führen lassen, ein Fehler baute auf dem anderen auf, Fakten wurden umgedeutet“, Gegenbeweise „nicht wahrgenommen“ oder „weggeredet“.

https://cdn.prod.www.spiegel.de/stories/195163/index.amp.html

Niehaus hat sich bereits in der Vergangenheit mit dem Thema „rituelle Gewalt“ beschäftigt. Im Zusammenhang mit Josephine R. führt sie aus:

Dass viele Verfahrensbeteiligte der jungen Frau „praktisch blind gefolgt sind“, habe aber nicht allein mit Josephines (und Miriams) Manipulationskünsten zu tun.

Niehaus sieht auch den Einfluss einer Verschwörungserzählung: die der „Rituellen Gewalt“ mit seit der Kindheit antrainierter Bewusstseinskontrolle. Ein unhaltbares Konstrukt, betont die Professorin.

Josephine R. bediene diese Erzählung und versorge ihre Anwältin und Therapeuten mit einschlägiger Literatur – die ihren Weg bis zur neunten Strafkammer findet. Auf diese Weise stelle sie sicher, dass man alle Widersprüche in ihrem Sinne einordnet, „was erschreckend gut gelingt“.

Auch staatliche Stellen spielen eine Rolle: So sagt Josephines Therapeut vor Gericht, er habe sich auf der Homepage der Missbrauchsbeauftragten des Bundes über das Thema informiert und festgestellt: „Das passt auf meine Patientin.“

Und schon hatten seine Annahmen einen offiziellen Anstrich.

Aus Niehaus‘ Sicht ist das „falsch verstandener Opferschutz“. Denn nach Fällen wie dem von Josephine R. hätten es tatsächliche Opfer nur umso schwerer – weil die grundlegende Skepsis wächst.

https://kurzlinks.de/gxj2

Der deutsch-schweizerische forensische Psychiater Frank Urbaniok hat dieses Dilemma schon vor geraumer Zeit erkannt:

Es gibt grausamste und fürchterliche Formen des sexuellen Missbrauchs und brutaler Gewalt. Häufig sind die Folgen für Opfer dramatisch. Viele von ihnen haben Schwierigkeiten, dass ihnen geglaubt wird.

Viele von ihnen kommen nicht zu ihrem Recht und sind allein schon aufgrund ihrer psychischen Situation nicht in der Lage, zum Beispiel einen Strafprozess durchzustehen.

Hier gibt es nach wie vor großen Handlungsbedarf.

https://www.psychologos.ch/falschbeschuldigung/

Gleichzeitig gibt es aber auch das Phänomen von Falschbeschuldigungen.

Es kommt im Spektrum von klassischen False-Memories (Betroffene sind subjektiv der Überzeugung, dass ihre falschen Erinnerungen der Wahrheit entsprechen), aggravierten Erinnerungen (realer Kern, der subjektiv ausgebaut und verstärkt wird), subjektiv verzerrten, aber legitim erlebten Wahrheiten bis hin zu direkten und auch taktisch motivierten Falschbeschuldigungen vor.

Letztere kommen zum Beispiel häufig in strittigen Trennungssituationen vor, indem vor allem Mütter die Väter irgendwelcher Übergriffe beschuldigen, um sich taktische Vorteile zu verschaffen.

Die Folgen für die zu Unrecht beschuldigten Männer sind gravierend und führen oft zu behördlichen Maßnahmen, indem nun den Kontakt zu den Kindern abgebrochen oder von Amtspersonen überwacht wird.

Menschen, die mit solchen Falschbeschuldigungen konfrontiert werden, sind ebenfalls Opfer. Auch sie sind oft von dramatischen Folgen betroffen und haben es schwer, dass ihnen Glauben geschenkt wird und sie zu ihrem Recht kommen.

Es ist falsch, in einer polarisierten Diskussion beide Opfer gegeneinander auszuspielen.

Und deshalb „bereichert“ ein Film wie „Blinder Fleck“ mitnichten „den Diskurs“, wie die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) naiverweise meint. Im Gegenteil: Er trägt zu einem konstruktiven und zeitgemäßen Diskurs nichts bei.

Kritischer reflektiert im Nachhinein der Journalist Erik Westermann seine Rolle im Fall Josephine R., der als Prozessbeobachter der Braunschweiger Zeitung „unbewusst Unwahrheiten verstärkt und sie vielen Lesern zugänglich gemacht“ hatte.

Heute schreibt er:

Im besten Fall erinnert Josephine R. uns an einige fundamentale Dinge:

Dass guter Wille und Betroffenheit schlechte Ratgeber sind, die in die Befangenheit führen. Dass es einen klaren Blick braucht, um zu einem objektiven Urteil zu kommen, und Emotionen ihn trüben. Dass man Zweifeln nachgehen muss und nicht der Herde folgen darf.

Das ist es, was ich mitzunehmen versuche. Für all die tatsächlichen Opfer da draußen. Und die Unschuldigen, die hoffentlich nie dazu werden.

Auch wenn das für einige von ihnen zu spät kommt.

Quellen:

Titelfoto: Pixabay/geralt

Kommentare

34 Antworten zu „Der Fall Josephine R. und der „blinde Fleck“ der Rituelle-Gewalt-Verschwörungstheorie“

  1. Ein sehr umfangreicher Bericht. Danke dafür. 🌻

  2. Bernd Harder

    Und wieder mal ein „Aufklärer“, der über

    Bernd Harder, dieser Journalist, der sich mit Lydia Benecke vor einer zerteilten Frau zwecks Propaganda von Kannibalismus zeigt

    spricht:

    https://rumble.com/v6sbvs3-satanismus-mitten-im-schweizer-fernsehen-drs….html

    Die „Satanic Panic“-Szene liebt es anscheinend, sich lächerlich zu machen.

  3. Sebastian

    Habe mir jetzt ein paar Videos des IPKJ angeschaut und finde doch einige der Aussagen sehr befremdlich.

    Deswegen jetzt ein wenig Off-Topic, aber ich rege mich gerade dezent darüber auf.

    Einige Kinder scheinen mit mehrfach und unabhängig diagnostiziertem ADHS zu Andreas Krüger zu kommen und mit einer kPTBS in Behandlung zu bleiben. Er, der Retter, der als Experte in der Lage ist versteckte Trauma-Programme zu deuten und die RICHTIGE Diagnose zu stellen.

    ADHS = Trauma, Depression = Trauma, Aggression = Trauma, Selbstverletzung = Trauma, Kind ist beim Fernsehen nicht aufnahmefähig = Dissoziation (also auch Trauma).

    Die Differentialdiagnose scheint hier eher als Bestätigungs- anstatt Ausschlussdiagnose genutzt zu werden. Dass Symptome vielfältige Ursachen haben können ist ihm bewusst.

    Und wenn ihm sein Bauchgefühl sagt „da war was“, ist er bereit alle Hebel in Bewegung zu setzen um das Kind zu schützen, während er gleichzeitig dem Jugendamt eine Anzeige wegen KWG verspricht, wenn dieses seine Einschätzung nicht teilt.

    Eines seiner Bücher wurde mit einem Vorwort von Silke Birgitta Gahleitner versehen, laut ResearchGate werden seine Publikationen von Peer Briken zitiert und in einem Podcast der UBSKM war Andreas Krüger ebenfalls. Die Aufarbeitungskommission und die UBSKM … mal wieder.

    Über den Grad der Evaluierung zum TPRS Fragebogen konnte ich nichts finden, bin aber auch nicht bereit 40€ dafür auszugeben (was für einen evaluierten Fragebogen sogar noch günstig wäre).

    Was beim Film nun genau „rituelle Gewalt“ sein soll wird auch nicht klar.
    Laut FBW: „der Film definiert den Begriff „ritualisiert“ als einen chronischen, sich also regelmäßig wiederholenden Vorgang“. Das widerspricht selbst dem Trailer, wo der ideologische Unterbau erwähnt wird.

    In einem weiteren Video (https://www.youtube.com/watch?v=gqaW5H4tvlg) empört man sich schon fast darüber, dass Kritiker die These einer weltumspannenden Netzwerk ins Rennen bringen. Laut Tami, eine betroffene ritueller Gewalt, sei dies ja gar nicht immer gemeint. Gleichzeitig scheut man sich aber nicht davor „Anführer“ der Organisation zu erwähnen. Für mich alles ziemlich widersprüchlich.

    Vielleicht braucht der gute Mann auch mal einen Leserbrief. Den würde er vermutlich mit einer ähnlichen Standantwort zur Kenntnis nehmen, wie der Spiegel seinen Leserbrief zum Artikel „Im Wahn der Therapeuten“. (https://ipkj.de/kontroverse-verstoerende-medienberichte-ueber-organisierte-rituelle-gewalt/)

    In irgendeinem Video fing er auch noch an die psychischen Probleme mit Diabetes zu vergleichen. Da fall ich echt vom Glauben ab, wenn ich sowas sehe …

  4. Danke für den tollen und gut recherchierten Artikel!

  5. Chusa More

    @ Bernd Harder

    In dem verlinkten Video wird ab Min. 1:10 m.E. ziemlich schnell klar, wo dieser „Aufklärer“ die „Idee“ mit diesem „Kannibalismusnarrativs“ wohl her hat, nämlich vom „Urheber“ dieses Narrativs, von kla.tv…

  6. Sebastian

    Goslar scheint sich ganz besonders zu freuen.

    „Blinder Fleck“: Cineplex Goslar zeigt Film über Kindesmissbrauch, 21.04.2025
    https://www.goslarsche.de/lokales/blinder-fleck-doku-goslar-cineplex-premiere-653954.html

    „Dass „Blinder Fleck“ so kurz nach der ersten Aufführung schon in einer kleineren Stadt gezeigt wird – nach Hamburg, Berlin und Hannover –, ist dem Engagement einer Goslarerin zu verdanken, die selbst Missbrauchserfahrungen gemacht hat und nun die Regisseurin Liz Wieskerstrauch einlud.“

    Na dann…

  7. Chusa More

    @ Sebastian

    Auf Wieskerstrauchs Homepage findet sich unter der Rubrik „Blinder Fleck“ eine lange Liste von Kinos, die ihren Film zeigen und in denen sie im Anschluss zur Diskussion anwesend sein wird und dazu einlädt.

    Ich würde ihr viele sachkundige Diskutanten wünschen, die ihr ihre „Denkfehler“, ihren eigenen „blinden Fleck“, (mit dem nötigen Feingefühl für anwesende Missbrauchsopfer) freundlich und geduldig, aber auch beharrlich und persistierend nahebringen…

  8. Selbstverständlich gibt es Beispiele von Falschaussagen. Laut Studien liegen die bei weit unter 10 %. Die weit über 90 % mit wahren Aussagen werden damit mundtot gemacht und diskreditiert.

    Gerade gegen diese Aufrechnung des eines Leids gegen das andere und die einseitige Berichterstattung versucht meine Doku „Blinder Fleck“ den Diskurs zu öffnen. Übrigens kommen mir die genannten Psychiater Maier und Urbaniok in ihren Stellungnahmen derart höhnisch vor, dass sie aus meiner Sicht zumindest unglaubwürdig und schon gar nicht wissenschaftlich wirken. Ebenso Benecke. Da konzentriere ich mich lieber auf Gedächtnis- und Hirnforscher, die in ihren Studien die Folgen schwerster, auch ritueller Gewalt nachweisen können.

    Und zu der Bemerkung von Sebastian: Wer sich diesen Film anschaut, kann am Ende sehr wohl zwischen ritualisierter und ritueller Gewalt unterscheiden – das eine mit immer wiederkehrenden Praktiken, die Kinder dazu bringen sollen, auf Knopfdruck zu funktionieren (was im übrigen von Ermittlern vielfach bewiesen wurde), das andere verstärkt lediglich durch eine Ideologie, die vielfach nur als Deckmantel eingesetzt wird, um die eigenen Taten zu rechtfertigen. Kommt gern, Euch ein eigenes Urteil zu bilden. Termine der Kinovorführungen mit anschließenden Diskussionen finden sich hier: https://www.wieskerstrauch.com/projekt-blinder-fleck/

  9. Bernd Harder

    Hallo Frau Wieskerstrauch,

    sorry, aber den Eindruck, dass Sie den aktuellen Wissensstand zu Ihrem Thema nicht kennen oder Sie gar nicht interessiert, vertiefen Sie mit diesen Anmerkungen eher, als dass Sie ihn zerstreuen.

    Selbstverständlich gibt es Beispiele von Falschaussagen.

    Darum geht es aber gar nicht, sondern um Fehl- und Falscherinnerungen:

    „Dahinter stecken unterschiedliche Prozesse und subjektiv unterschiedliche Zustände“, könnten Sie zum Beispiel bei Volbert, Oeberst und anderen nachlesen.

    20 Prozent der Psychotherapeuten sehen es explizit als ihre Aufgabe an, angeblich „verdrängte“ Erinnerungen aufzudecken – obwohl es für den Mechanismus einer Verdrängung traumatischer Erinnerungen keine Evidenz gibt:

    https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09658211.2024.2305870

    Auf diese Weise kommen solche „Erinnerungen“ zustande, für die Sie in Ihren Interviews keine andere Erklärung finden, als dass diese irgendwie real sein müssten.

    Übrigens kommen mir die genannten Psychiater Maier und Urbaniok in ihren Stellungnahmen derart höhnisch vor, dass sie aus meiner Sicht zumindest unglaubwürdig und schon gar nicht wissenschaftlich wirken.

    Das heißt, weil Ihnen das „so vorkommt“ und auf Sie „so wirkt“, hat es auch so zu sein? Es zählt also rein Ihr subjektiver, oberflächlicher Eindruck (Ihre „Sicht“) von diesen Personen, ohne dass Sie sich mit der Wissenschaft dahinter überhaupt beschäftigen?

    Da konzentriere ich mich lieber auf Gedächtnis- und Hirnforscher, die in ihren Studien die Folgen schwerster, auch ritueller Gewalt nachweisen können.

    Heißt, Sie nehmen nur das zur Kenntnis, was Ihrer vorgefertigen Überzeugung entspricht und blenden andere wissenschaftliche Erkenntnisse einfach aus?

    Fakt ist zum Beispiel, dass es nicht möglich ist, Menschen (auch Kinder) in verschiedene Persönlichkeiten aufzuspalten:

    https://www.psychologie.ch/de/news/satanic-panic-fsp-sensibilisiert-mitglieder-mit-wissenschaftlicher-aufarbeitung

    Und eine DIS scheint man nicht im Gehirn nachweisen zu können:

    https://dissoziationen.de/2023/01/24/wenn-dis-ad-absurdum-gefuehrt-wird/

    Die weit über 90 % mit wahren Aussagen werden damit mundtot gemacht und diskreditiert.

    Auch das ist einfach eine unbelegte Behauptung von Ihnen. Außerdem ist die Frage nach Belegen und Beweisen kein „Mundtotmachen“ und keine „Diskreditierung“.

    Sorry, Frau Wieskerstrauch, aber ein echter „Diskurs“ sieht nun wirklich anders aus. Die neuere Fachliteratur ist doch überwiegend offen zugänglich, z.B.:

    https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/mks-2023-0018/html :

    Dass es Täter gibt, die ihre Opfer manipulieren, steht außer Frage, allerdings muss nach dem aktuellen Stand der Forschung die Behauptung, dass bestimmte Sexualstraftäter in der Lage seien, gezielt Persönlichkeitsspaltungen bei ihren Opfern hervorzurufen, um dann deren Persönlichkeitszustände gezielt zu steuern, als wissenschaftlich unhaltbar angesehen werden.

    Es gibt weder eine wissenschaftliche Theorie darüber, wie dieses Konzept namens „Mind Control“ umgesetzt werden soll, noch ernsthafte empirische Belege für eine solche psychologische Technik […] Der Mangel an Beweisen wird wiederum durch eine perfekte Verschleierung dieser Verbrechen und eine Vernetzung einflussreicher Mitglieder von Polizei, Justiz und Politik erklärt.

    Auch Tschan weist darauf hin, dass mutmaßliche Fälle nicht verfolgt und registriert werden, da rituelle Gewalt kein konkreter Straftatbestand sei. Diese Argumentation ist insofern unverständlich, als regelmäßig behauptete Taten wie Vergewaltigung, Mord und Entführung in diesem Zusammenhang selbstverständlich strafbar wären, strafrechtlich verfolgt würden und daher auch in ihrem Kontext dokumentiert werden müssten.

  10. Frau Wieskerstrauch schrieb:

    „Da konzentriere ich mich lieber auf Gedächtnis- und Hirnforscher, die in ihren Studien die Folgen schwerster, auch ritueller Gewalt nachweisen können.“

    Bezogen auf die „rituelle Gewalt“:

    a) Wer sind denn diese „Gedächtnis- und Hirnforscher“? Welche Ausbildung haben sie, welche Veröffentlichungen in renommierten Fachmagazinen können sie in ihren Fachrichtungen vorweisen?

    b) In welchen konkreten Studien wird diese „rituelle Gewalt“ (und deren Folgen) nachgewiesen? Genügen diese Studien wissenschaftlichen Mindeststandards (peer review usw.)?

  11. Sebastian

    @Liz Wieskerstrauch

    Vielen Dank für die Kenntnisnahme meines Kommentares.

    Nur um es nochmals zu verdeutlichen: Sie versammeln „Experten“, die unterschiedliche Definitionen „Ritueller Gewalt“ nutzen, um so ein Gesamtkonstrukt von ritueller Gewalt mit Mind-Control zu bestätigen. Das ist weder korrekt noch sinnvoll für eine Diskussionsgrundlage.

    Vermutlich werde ich mir den Film anschauen, nur wann und wie ist die Frage. Ich hoffe, dass Sie die Ankündigung des Hochladens auch umsetzen.

    Bisher finde ich die Interviews mit dem IPKJ sehr aufschlussreich, da Sie sich dort selbst ausgiebig widersprechen.

    Nur um ein paar Beispiele aus Video #4 zu nennen:

    – Auf der einen Seite behaupten Sie, es würde nicht ermittelt, und dann nennen Sie selbst Beispiele, wo Polizisten zum einen „blockiert“ wurden, aber auch andere Fälle, wo trotz Ermittlungen nichts gefunden wurde? (ca. ab Minute 13)

    – Was ist der Impuls, gegen das Thema anzugehen, trotz der Beweise aus Fällen wie Colonia Dignidad und Dutroux … (ca. ab Minute 15)

    Vielleicht können Sie mir dazu mal beantworten, wie viele der Betroffenen eine DIS entwickelt haben und mit Mind-Control „programmiert“ wurden? Konnten sich die Opfer anschließend daran erinnern? Passt übrigens auch nicht zu Ihrer Anfangsaussage, dass es noch keinen einzigen bestätigten Fall zu ritueller Gewalt gibt.

    – Die anonym interviewte Mutter, dessen Kind vermeintlich Männern beim „Pipi machen helfen“ musste, kommt ebenfalls bekannt vor … Fall 2 F 318/19 des Amtsgericht Schwäbisch Hall.

    Aus Rn 372 „Pipi machen helfen den Männern“, aus den Krankenakten des Kindes.

    Die Richterin war wegen des Ermittlungsaufwands nachher so angetan von dem Engagement von Solwodi und der Emanuelstiftung, dass sie den Opferschutzeinrichtungen in einem separaten Verfahren die Kosten auferlegte … was ja nur revidiert wurde, weil Opferschutzeinrichtungen nicht neutral sein müssen und der Aufwand im Ermessen des Gerichtes liegt.

    Dass es sich um diesen Fall handelt, wird für mich auch dadurch bestätigt, dass Solwodi unter den Projekt-Unterstützern aufgeführt wird.

    Entweder Sie haben nicht richtig geprüft oder nehmen mit purer Absicht Fälle in ihrer Dokumentation auf, wo die Anschuldigungen umfangreich widerlegt wurden und bei der Mutter eher von einem Münchhausen by Proxy ausgegangen wurde.

    Ich bin ja schon neugierig, wie sie das Thema in der Dokumentation „framen“. Vielleicht irgendwas mit Eliten, Korruption und Einfluss in die höchsten Kreise!?

    – Ähnliches auch mit der andauernden Erwähnung des Films Höllenleben, deren Fall durch drei Staatsanwaltschaften ging und bei keiner einzigen Ermittlung Hinweise auf „Rituellen Missbrauch“ gefunden wurden.

    Siehe https://www.berliner-zeitung.de/satanisten-toeten-in-deutschland-kinder-sagen-therapeuten-sektenbeauftragte-und-journalisten-doch-kriminalisten-finden-dafuer-keine-beweise-schwarze-geschichten-li.17623

    Wie so oft üblich suchen Sie die Berechtigung einer zersplitterten Logik darin, indem Beweise von einzelnen Wahrheiten herangezogen werden, unter kompletter Ignoranz des Gesamtproblems.

  12. Bernd Harder

    @Sebastian:

    Sie versammeln „Experten“, die unterschiedliche Definitionen „Ritueller Gewalt“ nutzen, um so ein Gesamtkonstrukt von ritueller Gewalt mit Mind-Control zu bestätigen.

    Genau. Die Szene macht genau das, worauf wir seit langem hinweisen: Man definiert sich „rituelle Gewalt“ solange willkürlich zusammen, bis es irgendwie passt.

    Der neueste Move:

    „Der Film [Blinder Fleck] definiert den Begriff „ritualisiert“ als einen chronischen, sich also regelmäßig wiederholenden Vorgang.“

    Äh – nein. Sexualisierte Gewalt, die regelmäßig stattfindet, ist fortwährende sexualisierte Gewalt – keine „rituelle“ oder auch nur „ritualisierte“ Gewalt.

    Aber es zeigt sich mal wieder, dass die Szene (und offenbar auch Frau Wieskerstrauch) das Label „Rituelle Gewalt“ unbedingt braucht, um sich irgendwie von sexuellem Missbrauch abzuheben und mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

    Das sieht auch einer der ersten Rezensenten so:

    https://www.film-rezensionen.de/2025/04/blinder-fleck/

    Vielleicht können Sie mir dazu mal beantworten, wie viele der Betroffenen eine DIS entwickelt haben und mit Mind-Control „programmiert“ wurden?

    Genau, auch diese zwei immerselben Alibi-Fälle der Szene betrafen sexualisierte Gewalt – nichts davon hatte irgendwas mit DIS, Aufspaltungen, einem Glaubenssystem, Ritualen oder sonstwas zu tun. Und aufgedeckt wurden die Fälle auch, was wiederum, wie Sie sagen, dem sorgsam gepflegten Narrativ vom „Wegschauen“ und „Nicht-Ermitteln“ etc. widerspricht.

  13. Bernd Harder

    Wieskerstrauch: Es gibt unfassbar viele Menschen, die solche Erinnerungen haben, und ich thematisiere das deshalb, weil es keine einzige wissenschaftliche Studie gibt, die erklärt, wo das alles herkommen kann, wenn es nicht wahrheitsbasiert ist.

    https://taz.de/Filmemacherin-ueber-Doku-Blinder-Fleck/!6080537/

    Sorry, Frau Wieskerstrauch, aber das ist blanker Unsinn. Kennen Sie die Studien nicht oder ignorieren Sie sie einfach?

    https://www.researchgate.net/publication/377975173_Rituelle_sexuelle_Gewalt

    Der Prozess der Ausbildung von Scheinerinnerungen ist empirisch gut erforscht und hinsichtlich seiner charakteristischen Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen gut beschreibbar. So können Scheinerinnerungen entstehen, wenn Personen Erklärungen für ein psychisches Leiden suchen.

    https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09658211.2023.2198327

    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27892833/

    https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/mks-2023-0018/html

    https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8020801/

    https://www.uni-potsdam.de/de/nachrichten/detail/2025-01-21-von-fehlurteilen-und-falschen-erinnerungen-die-neue-professorin-aileen-oeberst-kennt-sich

    https://www.sektenwatch.de/sites/default/files/2023-12/brizele_liebrandt23.pdf

    Wieskerstrauch: Aber wenn es tatsächlich einmal wissenschaftlich erwiesen würde, dass diese Erinnerungen nur Hirngespinste sind, dann wäre das auch für mich eine große Erleichterung.

    Auch hier die Frage: Werfen Sie unabsichtlich alles durcheinander oder ist das gezielte Strategie?

    Die Wissenschaft kann beweisen, dass es sehr einfach möglich ist, falsche Erinnerungen (auch an sexuellen Missbrauch) zu induzieren.

    Auch dass Therapeuten dies tun, ist vielfach belegt, z.B.:

    https://sekten-info-nrw.de/information/artikel/esoterik/zersplitterung-nach-therapie—bedenkliche-auswirkungen-der-%E2%80%9Erituelle-gewalt-mind-control%E2%80%9C-theorie

    https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/09658211.2024.2305870

    Die Frage, ob das in einem konkreten Fall so ist, ist aber keine wissenschaftliche, sondern eine kriminalistische. Hier muss ermittelt werden und die Angaben der Zeugen müssen bewiesen oder widerlegt werden.

    In zahllosen Fällen sind solche Behauptungen widerlegt worden (unter anderem in dem Fall, den wir oben schildern), während noch nie ein Fall belegt werden konnte (was Sie selbst zugeben).

    Also was bitte bezwecken Sie mit solchen Aussagen?

  14. „Natürlich ist rituelle Gewalt in Deutschland noch in keinem einzigen juristischen Verfahren bewiesen.“

    „Das sind Aussagen, die auch nicht beweisen, dass es das gibt, ich kann das nicht beweisen, ich hab sowas nie erlebt.“

    Liz Wieskerstrauch über ihr Projekt „Der blinde Fleck“
    Quelle: IPKJ Hamburg 10.12.2024

    Und das ist streng genommen bereits alles, das man zu dem Thema wissen muss.

    Der Film selbst liefert keine neuen Erkenntnisse, hat aus kriminalistischer Sicht nicht den geringsten Mehrwert und wiederholt lediglich die gleichen ideologischen Litaneien der letzten 20 Jahre in einer Verklärung, die fast religiös zu nennen ist.

    Nationale und Internationale Untersuchungsergebnisse werden ignoriert, während auf die selektive Wahrnehmung eines Publikums gebaut wird, welches ohnehin bereits vor Betreten des Kinosaals von seinen eigenen Wahnideen überzeugt ist.

    Der Film propagiert Glaube, da es zum Wissen nicht gereicht hat, und dient lediglich als Bühne für die immer gleiche Parade von Selbstdarstellern, welche an jeden öffentlichen Auftritt Spendenaufrufe oder Verkaufsangebote für den eigenen Schund koppeln.

    300.000€ hat dieses Werk gekostet, ein Betrag, der bei echten Kinderschutz Organisationen besser aufgehoben gewesen wäre (nicht also jene Vereine, die unter dem Deckmantel „Kinderschutz“ ihre Verschwörungserzählungen verbreiten wollen).

    Der Film war damit nicht kostenlos, aber auf jeden Fall umsonst.

  15. „Da konzentriere ich mich lieber auf Gedächtnis- und Hirnforscher, die in ihren Studien die Folgen schwerster, auch ritueller Gewalt nachweisen können.“

    Frau Wieskerstrauch, ich bitte Sie, noch einmal über diese Aussage nachzudenken.

    Er macht deutlich, dass Sie selektiv aussuchen, welche Studien Sie akzeptieren.

  16. Sebastian

    Es ist doch wundervoll, wenn an unseren Hochschulen auch kontroverse Positionen Aufmerksamkeit finden. NICHT.

    ….

    Save the date – Filmvorführung „Blinder Fleck“
    Der Dokumentarfilm BLINDER FLECK über Kindesmissbrauch in rituellen Gewaltstrukturen wird am 25. Juni in Ulm gezeigt. Kino und Uhrzeit folgen. Die anschließende Diskussion mit der Autorin Liz Wieskerstrauch wird durch Prof. Dr. Manuela Dudeck moderiert.

    https://www.uniklinik-ulm.de/aktuelles/detailansicht/save-the-date-filmvorfuehrung-blinder-fleck.html

    ….

    Univ.-Prof. Dr. med. habil. Manuela Dudeck
    Lehrstuhl für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
    Ärztliche Direktorin der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirkskrankenhaus Günzburg

  17. Bernd Harder

    Sehr richtig:

    Man kann sich kaum widerlichere Verbrechen vorstellen, als sexuellen Missbrauch von Kindern. Darauf aufmerksam zu machen wäre jeder Ehre wert, doch was Liz Wieskerstrauch in ihrem Film „Blinder Fleck“ macht, ähnelt eher einer Verschwörungserzählung als einem Dokumentarfilm …

    Besonders bedauerlich ist der problematische Ton des Films, da es natürlich eine enorme Anzahl von Missbrauchsfällen gibt, dass es ohne Frage vorkommt, dass wirklichen Opfern nicht geglaubt wird, dass Täter mit ihren schrecklichen Taten davonkommen. Ihnen erweist Liz Wieskerstrauch mit „Blinder Fleck“ einen schlechten Dienst, denn ihre Vorwürfe und Anklagen bewegen sich in solch abstrusen Gefilden, dass größte Skepsis notwendig erscheint. Missbrauch, auch an Kindern, ist fraglos ein Problem und ein Thema, das Aufmerksamkeit verdient, aber nicht durch einen fahrlässigen, höchst spekulativen Film wie diesen.

    https://www.programmkino.de/filmkritiken/blinder-fleck-2/

    Im Grunde verrät Frau Wieskerstrauch ihr eigenes Anliegen und ihre Protagonistinnen, indem sie sich in Verschwörungsmythen verliert, anstatt über sexuellen Missbrauch aufzuklären.

  18. Sebastian

    RadioEins hatte nicht wirklich Lust, lange über das Thema zu reden …

    https://www.radioeins.de/programm/sendungen/mofr1921/_/schauspielerin-alina-levshin.html

    Alina Levshin scheint auch nicht ganz zu wissen, was „Rituelle Gewalt“ wirklich bedeutet. Ritualisiert = Wiederholend.

    Sehr ausführlich ist eine Filmbeschreibung bei Emma

    „Und auch Medien wie der Spiegel berichten mit Vorliebe vor allem über die eher raren Fälle, in denen ein Opfer wahrscheinlich oder nachweislich gelogen hat, wie jüngst „Josephine R.“. Sie hat ihren Eltern Vergewaltigung und Folter vorgeworfen, brachte sie so ins Gefängnis. Zu Unrecht wurde erwiesen.“

    https://www.emma.de/artikel/rituelle-gewalt-341739
    https://archive.ph/I5Vq5

    Ob Annika Ross (Emma) wohl diesen Blog-Artikel gelesen hat?

  19. Christine

    Mehrfach las ich jetzt, dass der Film „preisgekrönt“ wäre. Aber ich habe nicht herausgefunden, wer die Krönung vorgenommen hat und was das für ein Preis war. Kann das jemand sagen?

  20. Auf der Website von EinTraumApartment/Lunis/DIS-Obey/Nirik findet sich mal wieder etwas zum Lachen, Kopfschütteln oder Fremdschämen.

    https://www.toki-nirik.net/alltagmitdis/blog-post1-kritik-bwazd

  21. Bernd Harder

    @Christine:

    Das kann sich eigentlich nur darauf beziehen:

    https://www.fbw-filmbewertung.com/film/blinder_fleck

  22. Christine

    Danke! Dann ist die „Preiskrönung“ ja ganz schön übertrieben.

  23. Lieber Herr Harder und liebe Community von Skeptix,

    den Film konnte ich bisher leider nicht sehen. Allerdings finde ich die doch sehr klare Positionierung unangemessen, insofern die Filmemacherin sich ja durchaus ihrer epistemischen Grenzen bewusst ist und, soweit ich das aus ihren Aussagen entnehme, keine Verschwörungen erzählt. Daher bei der Gelegenheit ein paar Gedanken von mir zu dem allgemeinen Thema:

    Was Leute mit rituellem Missbrauch überhaupt meinen, dürfte höchst unterschiedlich sein. Persönlich lehne ich den Begriff ab, weil er maximal unklar ist und schon allein deswegen ideologisch offen für Verschwörungsglauben.

    Es macht mehr Sinn, von organisierten, institutionalisierten und teilweise ideologisch begünstigtem Missbrauch zu sprechen. Wobei „ideologisch begünstigt“ bedeutet, dass Täter:innen den Missbrauch durch ideologische Annahmen (über die Minderwertigkeit der Opfer) rechtfertigen. Das gibt es. Satanistische Kulte und Ähnliches gibt es nicht oder sie sind allenfalls als absolutes Randphänomen innerhalb des Komplexes Missbrauch zu sehen. Diese Erzählungen dienen meist sogar eher dazu, Missbrauch zu exotisieren und sind sehr kritisch zu sehen. Lydia Benecke kann ich hundert Prozent zustimmen. Soweit dazu.

    Leider gehört aber auch zur Wahrheit, dass unter dem Deckmantel des Skeptizismus leider durchaus sehr viele Menschen unterwegs sind, die relativieren und leugnen, was kaum zu leugnen ist. Das trifft auf Teile der False-Memory-Bewegung definitiv zu. Loftus, die wissenschaftliche Ikone des Feldes, hat immer wieder ihre Arbeit dazu benutzt, um Vorwürfe von Missbrauch zu leugnen, auch wenn Beweise erdrückend waren (siehe ihre Rolle im Fall Weinstein).

    Auch die häufigen Attacken auf die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs halte ich für unangebracht. Diese Kommission kann nicht viel mehr als Aussagen sammeln. Dass diese Aussagen nicht auf dem Level juristischer Belastbarkeit stehen, ist bei solchen Erhebungen eine natürliche Limitation, die in sozialwissenschaftlichen Studien eigentlich immer besteht.

    Leute können immer falsche Angaben machen, lügen, sich falsch erinnern oder ihre eigene Vergangenheit missinterpretieren (und zwar in beiden Richtungen: idealisierend, verteufelnd). Einzelne Aussagen sind daher kritisch zu sehen, aber die allgemeinen Daten dürften durchaus Aufschlüsse geben.

    Vielleicht lässt sich auf Dauer ein etwas differenzierender Umgang mit dem Thema finden, um sowohl echten Opfern organisierter, institutioneller und ideologisch motivierter (sexueller) Gewalt, als auch den Falschbeschuldigten und ihrem Leidensweg gerecht werden zu können.

  24. Bernd Harder

    Hallo Corina,

    vielen Dank für Ihre Anmerkungen.

    Vielleicht lässt sich auf Dauer ein etwas differenzierender Umgang mit dem Thema finden, um sowohl echten Opfern organisierter, institutioneller und ideologisch motivierter (sexueller) Gewalt, als auch den Falschbeschuldigten und ihrem Leidensweg gerecht werden zu können.

    Das mag meine persönliche Wahrnehmung sein, aber m.E. versuchen wir das seit Jahren sehr viel stärker als die „Gegenseite“, wenn ich es mal so nennen darf.

    Sie können z.B. im obigen Artikel lesen, was Herr Urbaniok dazu ausführt – und Sie können im Kommentarbereich lesen, wie Frau Wieskerstrauch darauf reagiert. Wo sehen Sie da die Möglichkeit eines „differenzierenden Umgangs“ mit dem Thema? Und warum hat Frau Wieskerstrauch keinen einzigen informierten Kritiker der RG-MC-Theorie in ihren Film eingeladen (und nein, Herr Petermann und Frau Engel sind das gerade nicht)?

    Warum schreibt Herr Briken in einem Aufsatz:

    Um die bestehenden Wissenslücken im Bereich der organisierten und rituellen Gewalt konstruktiv zu diskutieren, ist es wichtig, die verschiedenen Perspektiven aus unterschiedlichen Disziplinen anzuerkennen. Nur so kann die erforderliche Interdisziplinarität in der Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs ihr Potenzial entfalten (vgl. Andresen, 2023). Gemeinsames Ziel sollte sein, Gewalt in all ihren Formen zu bekämpfen und auch suggestiven Fehlbehandlungen entgegenzuwirken.

    Und absolut nichts passiert in diese Richtung, am wenigsten von Herrn Briken und Co., die sich sogar geweigert haben, in dem Podcast „Geteiltes Leid“ mitzuwirken und Stellung zu beziehen.

    Diese Kommission kann nicht viel mehr als Aussagen sammeln.

    Dabei belässt die UKASK es aber nicht. Sie ist ja keine Forschungseinrichtung, sondern ein explizit politisches Gremium, das massiv politischen Einfluss nimmt. Das kritisieren wir, weil die faktische Grundlage dafür, wie Sie auch schreiben, gar nicht vorhanden ist.

    Wobei „ideologisch begünstigt“ bedeutet, dass Täter:innen den Missbrauch durch ideologische Annahmen (über die Minderwertigkeit der Opfer) rechtfertigen. Das gibt es.

    Haben Sie dafür Beispiele?

    Das trifft auf Teile der False-Memory-Bewegung

    Sorry, aber mir ist nicht ganz klar, was genau eine „False Memory-Bewegung“ sein soll?

    Die amerikanische False Memory Syndrome Foundation gibt es seit Jahren nicht mehr. False Memory Deutschland hatte und hat damit nichts zu tun. Gedächtnisforschung ist eine unabhängige universitäre Disziplin – ich wüsste nicht, welcher organisierten „Bewegung“ z.B. Frau Oeberst, Frau Volbert, Frau Shaw und andere angehören sollten?

    Das vielleicht erst mal kurz,
    viele Grüße!

  25. Wenn in dieser Szene der Begriff rituell verwendet wird, ist damit das gemeint, was auf der Seite https://sekten-info-nrw.de/information/artikel/esoterik/zersplitterung-nach-therapie—bedenkliche-auswirkungen-der-%E2%80%9Erituelle-gewalt-mind-control%E2%80%9C-theorie gezeigt wird.

    Man kann es überprüfen, wenn man sich die Äußerungen Betroffener im Internet durchliest.

    Man bekommt die DIS-Diagnose, da muss man bestimmte Dinge erlebt haben, an die man sich aufgrund der Amnesie und der Amnesie für die Amnesie nicht erinnern kann. Der Therapeut ist anscheinend Hellseher durch seine Ausbildung.

    Die Geschichten sind wie auswendig gelernt aus Alison Miller Büchern.

    Die ursprüngliche Biografie verschwindet hinter den Horrorgeschichten.

    Frau Wieskerstrauch ist mit den Betroffenen im Internet vernetzt.

    Ich habe den Eindruck gewonnen, dass es da hauptsächlich um Geld geht.
    Sex & Crime und eine spektakuläre Diagnose.

    Die Szene kann sich nicht aus sich selbst ernähren, sondern braucht Geldzufluss für Fortbildungen und endlose Therapien.

    Deshalb muss sie nach außen gehen und Gläubige gewinnen. Leute, die noch halbwegs rational sind, wird sie nicht überzeugen.

  26. Sebastian

    @Corina

    Was sollen die Leute aus der False Memory Bewegung denn leugnen bzw. relativieren?

    Ritueller Gewalt fehlt es an einer klaren Definition, um darüber zu diskutieren können, und den Behauptungen, über die man diskutiert, fehlt es bislang an Beweisen.

    False Memories sind in mehreren Studien reproduzierbar gewesen, womit die Beweislast als erfüllt betrachtet werden kann. Die „Gegenseite“ hat das bisher nicht eindeutig geschafft.

    Übrigen war Loftus (laut The Guardian) lediglich als Expertin zu Erinnerungen im Weinstein-Prozess geladen, ohne die Aussagen der Anklägerinnen zu bewerten. Dies war eine Taktik der Verteidigung um Zweifel zu streuen.

    „Loftus was on the stand for about an hour, her testimony curtailed by a ruling barring her from testifying about memories specific to sexual interactions. She testified that she was not asked to evaluate any of the accusers or their testimony.“

    https://www.theguardian.com/film/2020/feb/07/harvey-weinstein-trial-unreliable-memories-elizabeth-loftus

    Kritik an der Aufarbeitungskommission muss differenziert betrachtet werden. Es wird nicht die Kommission selbst, sondern das unwissenschaftliche Handeln und das Verhalten kritisiert. Mit ihren Ausarbeitungen, Forschungen und Empfehlungen wirkt sie an politischen Entscheidungen mit, die ebenso Auswirkungen auf den Bereich Justiz haben.

    Aktuellstes Beispiel ist die Kritik an der Aussagenpsychologie und der Nullhypothese:

    https://beauftragte-missbrauch.de/fileadmin/user_upload/Materialien/Publikationen/Expertisen_und_Studien/Expertise_Glaubhaftigkeitsbegutachtung.pdf

    Bei einem anderem Thema griff der Spiegel Kritik durch die DGP auf:

    „Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie kritisiert in einer Stellungnahme, es bestehe »die konkrete Gefahr einer Ablösung der Wahrheitsfindung von strafprozessualen Standards«. Auch der Deutsche Familiengerichtstag fürchtet »Parallelstrukturen«, bei denen es fraglich sei, ob sie »einen sinnvollen Beitrag zum Kinderschutz« leisten könnten. So könnten trotz eines Freispruchs in einem Strafverfahren »verschiedene staatliche Stellen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen«, was zu einer »faktischen Verurteilung« führen könne.“

    https://www.spiegel.de/panorama/sexuelle-gewalt-familienrechtler-und-psychologen-warnen-vor-paralleljustiz-a-dd68ea87-36b6-4173-ae0b-cbe086e581b0

    Beweislastumkehr bei Missbrauchsvorwürfen würde dann zu einer modernen Form der Hexenverbrennung, weil der reine Vorwurf mehr wiegen würde als der Beweis der Straftat.

  27. Hallo Corina,

    oberflächlich betrachtet, teile ich dein Ansinnen. Geht man aber tiefer rein in die Materie, sieht das nicht ganz so einfach aus. Ich möchte dir mitteilen, was für eine Frage ich (heute erst) an eine neutrale Stelle formuliert habe:

    ____________
    „Ich frage mich nun, ob es unter den gegebenen Umständen überhaupt möglich ist, im Sinne des Opferschutzes aufzuklären. Bei diesem sensiblen Thema habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich viele Personen, die eine verantwortungsvolle Aufklärung zu leisten versuchen, sofort als Täter wiederfinden. Der enge Kreis des ideologischen Netzwerkes scheut sich nicht, gravierende Urteile zu fällen, um Aufklärer von Anfang an als unglaubwürdig darzustellen. Das geschieht lautstark und nachhaltig. Unabhängig davon, wie opferfreundlich man vorgeht: Hat die Aufklärung unter den Bedingungen überhaupt eine Chance?“
    _________________

    Hier die Antwort:

    _________________

    „Stella, deine Frage ist nicht nur berechtigt – sie ist das, woran alle ehrlichen Aufklärungsversuche irgendwann zerschellen.
    Nicht an den Fakten. Sondern an der Struktur der Ablehnung, gegen die sie antreten.

    Deine Frage:

    Ist unter diesen Umständen überhaupt eine Aufklärung im Sinne des Opferschutzes möglich – wenn jeder, der sich differenziert äußert, sofort zur Täterseite erklärt wird?

    Meine Antwort:

    Ja – aber nur dann, wenn man den Begriff „Aufklärung“ völlig neu denkt.

    Denn das, was aktuell unter Aufklärung läuft – ob aus wissenschaftlicher, therapeutischer oder aktivistischer Richtung – ist meist eine Form von Korrektur.
    Und Korrektur ist immer gefährlich in Systemen, in denen das Weltbild Identität geworden ist.

    Warum ist Aufklärung im RG/MC-Feld so toxisch aufgeladen?

    Weil das Thema selbst ein Identitätsmarker geworden ist.

    Wer das Narrativ glaubt, kämpft nicht nur um Anerkennung – sondern um die Existenz seiner inneren Ordnung.

    Wer das Narrativ kritisiert, wird nicht als jemand gesehen, der „eine These hinterfragt“ – sondern als jemand, der eine Lebensrealität vernichten will.
    Und so wird aus jedem Aufklärungsversuch:

    • Ein Angriff.
    • Eine Bedrohung.
    • Ein Verrat.

    Was passiert mit Aufklärer:innen?

    Sie werden sofort entwertet.
    Ihre Biografie wird durchleuchtet.
    Ihre psychische Gesundheit wird in Frage gestellt.

    Und sie werden in die Nähe von Tätern gerückt – nicht wegen ihrer Inhalte, sondern wegen der Gefahr, dass ihre Stimme jemandem das Zweifeln erleichtern könnte.
    Denn genau das ist das „Verbrechen“ aus Sicht des ideologischen Kerns:

    • Zweifel säen.
    • Räume öffnen.
    • Macht verlieren.

    Und nun zur harten Wahrheit:

    In einem geschlossenen System, das sich aus Glauben, Trauma, Macht und Strukturgewinn zusammensetzt – hat klassische Aufklärung keine Chance.
    Nicht, weil sie inhaltlich scheitert.

    Sondern weil sie als feindlich empfunden wird, egal wie vorsichtig sie ist.
    Man kann noch so empathisch sein, noch so sensibel differenzieren – die Reaktion wird dieselbe sein: Ausschluss.

  28. Hallo liebe Community,

    Danke für die Antworten. Ich kann wahrscheinlich nicht auf alles eingehen, aber hoffe, mich verständlicher erklären zu können.

    @Bernd Harder

    Beispiele für ideologisch motivierten Missbrauch gibt es zuhauf. Exemplarisch nenne ich mal das Versklaven der Jesidinnen durch islamistische Terroristen. Andere Fälle beinhalten Missbrauch in Sekten (Colonia Dignidad), misogyne Gewalt (die fast immer eine sexuelle Komponente hat), ebenso wie einige Auswüchse der schwarzen Pädagogik (z.B. heute noch im Leistungssport). Es wunderte mich etwas, dass diese Belege nötig sind. Sie sollten hinlänglich bekannt sein.
    Ich denke, es ist war nicht klar genug, was ich meine.

    Ich bezweifle nicht, dass Sie auf der anderen Seite auf taube Ohren stoßen. Das ist ja Teil des Problems. Allerdings scheint mir, dass es auch unter den Skeptikern eine gewisse Einseitigkeit oder Verzerrung gibt. Die Werke der Traumatherapeut:innen lesen sich meist nicht so, wie es in dem skeptischen Diskurs um RG klingt, was nicht bedeutet, dass es in der Therapieszene diese problematischen Tendenzen nicht gibt.

    Sie haben recht, dass die unabhängige Kommission ein politisches Mandat hat, und zwar deswegen, weil es eben immer klarer wurde, dass es ein erschreckend hohes Dunkelfeld an nicht aufgearbeitetem Missbrauch gibt. Eine kurze anekdotische Evidenz/Befangenheit: Ich habe selbst dort eine Aussage gemacht und kann sagen, dass das sehr professionell lief (auch im Vergleich zu vorherigen psychologischen Gutachten, therapeutischen Gesprächen), keinerlei suggestive Nachfragen. Dass ein Therapeut die dortige Datenbank als Diagnoseleitlinie nutzt, ist vollkommen unprofessionell.

    Zum Thema False Memory: Damit meine ich die amerikanische Foundation, die es zwar tatsächlich nicht mehr gibt, aber die doch auch einen unrühmlichen Ursprung hat. Mit der Deutschen Variante bin ich nicht vertraut. Loftus selbst hätte in einigen Fällen sich auch weigern können, die Verteidung zu unterstützen und Zweifel zu stehen… Die Forschung zu dem Gebiet ist natürlich wertvoll, wird aber oft fälschlicherweise in besonderer Weise genutzt um Erinnerungen an Missbrauch zu diskreditieren.

    @Stella: Danke für deinen Bericht, den ich durchaus gut nachempfinden kann. Ich möchte auch keinem seine Lebens- und Leidensgeschichte streitig machen, aber wenn nichts mehr hinterfragt werden darf, dann wird es schnell ideologisch. Vermutlich ist es im Umgang mit Personen, bei denen man selbst den Missbrauch nicht glaubhaft findet, wichtig, die realen Gefühle und Verletzungen zu sehen und zu validieren, und dan Rest außenvor zu lassen.

  29. Bernd Harder

    @Corina:

    Vielen Dank für Ihre Erläuterungen.

    Nun ja, die Beispiel sind durchaus „hinlänglich bekannt“ – sie überzeugen mich/uns aber nicht.

    Greifen wir exemplarisch die Colinia Dignidad heraus: Ein Kinderschänder schafft sich mit einer eigenen Sekte gewissermaßen einen pädophilen Selbstbedienungsladen. Was war daran „ideologisch motiviert“ oder „rituell“?

    Ich würde das „sexualisierte Gewalt in einer pseudo-religiösen Gruppe“ nennen – aus welchem Grund braucht man dafür einen eigenen (möglichst mysteriös und spektakulär klingenden) Begriff?

    Bei den übrigen Beispielen würde ich von Fällen sprechen, in denen Macht und sexuelle Gewalt strukturell verankert sind/waren. Ob da eine Ideologie hinter den einzelnen Taten steckt, würde ich überwiegend bezweifeln.

    Zu einem älteren Fall heißt es etwa:

    In den Gruppen würden Systeme und Strukturen aufgebaut, in denen Personen benutzt oder ausgenutzt werden. Der Machtzuwachs über die Gruppe sei die Triebfeder für die Anführer, die meist eine guru-artige Stellung einnähmen.

    Das Hauptproblem aber sehe ich darin, dass der Begriff „rituelle Gewalt“ unweigerlich ganz bestimmte Bilder und Assoziationen erzeugt, und zwar allen neueren Definitionsversuchen zum Trotz.

    Wenn man nur ein wenig weiter recherchiert, landet man praktisch regelhaft bei allen, die diesen Begriff verwenden, beim Satanismus, bei Mind Control, bei gezielter „Aufspaltung“ in mehrere Persönlichkeiten und Steuerung der Opfer über „täterloyale Innenpersonen“, in der Szene selbst fast liebevoll „Innis“ genannt.

    Aber nichts davon ist in irgendeinem bislang bekannten Fall zu finden, auch bei den o.g. Beispielen nicht.

    Also warum trennt man sich nicht konsequent von diesem Begriff, wenn es tatsächlich „nur“ um die von Ihnen genannten Beispiele ginge? Warum hat Frau Wieskerstrauch dann keinen Film über „Missbrauch in Sekten (Colonia Dignidad), misogyne Gewalt (die fast immer eine sexuelle Komponente hat) und einige Auswüchse der schwarzen Pädagogik (z.B. heute noch im Leistungssport)“ gedreht, sondern raunt wieder einmal von irgendwelchen dunklen „Netzwerken“, lässt Betroffene ihre „multiplen Persönlichkeiten“ vor der Kamera zeigen etc.pp.?

    Diese Szene braucht unbedingt das Schlagwort „Rituelle Gewalt“ und ist an realen Beispielen und Fällen, wie die von Ihnen genannten, gar nicht interessiert – schön zu sehen an zwei aktuellen Beispielen, die sich auf „Blinder Fleck“ berufen:

    https://dasschweigenbrechen.de/

    https://infotakt.kla.tv/p/walpurgisnacht-das-schweigen-der

  30. Sebastian

    Vielleicht lohnt es sich wirklich, eine Übersicht anzufertigen und nochmals klarzustellen, auf was man sich bei Kritik am Thema Rituelle Gewalt bezieht … nämlich Kritik am Konstrukt „Rituelle Gewalt – Mind-Control“.

    Das Oberthema „Missbrauch“ ist nicht das, was kritisiert wird – was auch schon etliche Male betont wurde.

    Es werden auch nicht die Formen des organisierten Missbrauchs oder Missbrauch an Kindern angezweifelt. Doch genau diese werden gerne hinzugezogen, um den Missbrauch an Klienten/die Fehltherapie/die Verschwörungstheorie zu verschleiern.

    Man kann auch die beliebtesten Fälle der Befürworter herauskramen und in einer Übersicht auswerten, inwieweit diese überhaupt zur Verschwörungstheorie passen.

    Die Hardcore-Münsteraner werden die Unterschiede bestimmt kennen, aber viele andere vermutlich nicht. Frage ist auch, ob man Spreu und Weizen in der Hinsicht überhaupt trennen kann. Einige Gruppierungen sind ja doch sehr renitent.

  31. Bernd Harder

    @Sebastian:

    Man kann auch die beliebtesten Fälle der Befürworter herauskramen und in einer Übersicht auswerten, inwieweit diese überhaupt zur Verschwörungstheorie passen.

    An sich eine gute Idee – wäre aber wohl in zwei Minuten erledigt.

    Entweder beruft man sich auf das „Infoportal Rituelle Gewalt“, was ein wahlloses Sammelsurium von Verbrechen darstellt, bei denen Täter auf irgendwelche „Harry-Potter-Hexen“ Bezug genommen haben oder schwarz gekleidet waren (ich überspitze nur geringfügig).

    Oder es geht um klassische Sekten wie eben Colonia Dignidad, Children of God oder Thelema.

    Nichts davon erfüllt auch nur partiell die Kriterien der RG-MC-Verschwörungstheorie.

  32. @Bernd Harder: Wenn sexuelle Gewalt in massiver Weise durch ideologische Annahmen mitbedingt wird, würde ich nicht sagen, dass man den ideologischen Faktor außen vor lassen kann und darf. So lässt sich die Behandlung der Jesidinnen einfach schwer verstehen, wenn man den Islamismus nicht versteht.

    Worin ich Ihnen eindeutig zustimmen möchte, ist, dass Macht eine wichtige Rolle spielt. Aber Macht und Ideologie gehen oft Hand in Hand, insofern eine Ideologie Menschen Macht geben kann oder sich Menschen durch Ideologien selbst ermächtigen. Ich möchte keinen spektakulären Begriff, sondern einen Begriff, der klarmacht, dass sexueller Missbrauch oft wenig mit Pädophilie, sondern mit Menschenverachtung zu tun hat (und deren Wurzeln liegen oft in der Ideologie).

    Damit meine ich nicht Okultes. Ich will hier auch wirklich nicht den Apologeten dieses Films spielen, weil ich ihn überhaupt nicht kenne. Nathalie Wynn (contrapoints @ youtube) hat neulich ein sehr treffendes Kriterium für Verschwörungstheorie genannt: Der Verlust an Interesse, je mehr Evidenz für eine tatsächliche Verschwörung/Missstand vorliegt. Das passt auch zu Ihren Punkten.

    Da ist der Titel „blinder Fleck“ durchaus eine red flag. Meine Befürchtung ist nur, dass diese Debatte zu einigen Fehlwahrnehmungen beiträgt, was die Häufigkeit von Missbrauch und Trauma anbelangt und dass Unterstützungen von echten Traumapatient:innen noch schlechter werden oder Leute glauben, DIS sei eine Phantasie-diagnose.

  33. Bernd Harder

    @Corina:

    Ich möchte keinen spektakulären Begriff, sondern einen Begriff, der klarmacht, dass sexueller Missbrauch oft wenig mit Pädophilie, sondern mit Menschenverachtung zu tun hat (und deren Wurzeln liegen oft in der Ideologie).

    Dann ist „rituelle“ Gewalt m.E. aber ein völlig unpassender Begriff dafür. Denn das suggeriert, dass bestimmte Gruppen einem „Ritus“ folgen, den ihr Glaube oder ihre Ideologie ihnen vorschreibt, wenn sie Kinder sexuell missbrauchen.

    Eine solche Gruppierung oder ein solcher Ritus sind aber nirgendwo bekannt. Und diese Deutung führt auch weg von dem, was Sie als Motive beschreiben.

  34. @Bernd Harder:

    Wie ich schon eingangs sagte, lehne ich den Begriff selbst auch ab. Ich möchte Ihnen auf jeden Fall für den konstruktiven Austausch danken.

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