David ist roh-veganer Influencer. Neben Nahrungsergänzungsmitteln verbreitet er auch Geschichten über dunkle Mächte und Gott. „Soldaten des Lichts“ taucht in eine komplexe Welt zwischen Verschwörungsideologien und Selbstoptimierung ein und porträtiert Menschen, die in Deutschland ein Königreich errichten wollen.
Der Dokumentarfilm um den „Rohkost-Guru“, Reichsbürger und Verschwörungsideologen „Mister Raw“ (David Ekwe Ebobisse) lief am vorvergangenen Wochenende beim DOK.fest in Augsburg und München.
Wir unterhielten uns danach mit Regisseur Julian Vogel. Bekannt wurde der 39-Jährige unter anderem mit seiner „Einzeltäter“-Triologie über die rechtsextremen Anschläge von Halle, Hanau und München.

Skeptix: Wenige Tage nach der Premiere von „Soldaten des Lichts“ beim DOK.fest in München hat der Innenminister das „Königreich Deutschland“ verboten und Peter Fitzek wurde festgenommen. In Ihrem Film sehen wir den selbsternannten „König von Deutschland“ bei einem Treffen von KRD-Influencern in Thüringen. Wie haben Sie Fitzek erlebt?
Julian Vogel: Das war der Termin, bei dem wir am wenigsten wussten, ob wir wirklich drehen dürfen, deshalb war ich etwas aufgeregt.
David hatte uns zwar eingeladen und das auch vorher mit Peter Fitzek besprochen, aber es waren noch eine Reihe anderer Menschen da, bei denen wir erst mal Überzeugungsarbeit leisten mussten. Am Ende hat es dann aber doch geklappt.
Fitzek war freundlich und hatte auf jeden Fall Lust darauf, gefilmt zu werden. Er trat sehr selbstbewusst auf und präsentierte sich gern vor der Kamera. Trotzdem ist für mich schwer nachvollziehbar, wie man diesen Mann als charismatischen Führer verehren kann. Das finde ich ziemlich absurd, denn er hat schon eine ausgeprägte Hanswurstigkeit.
Fitzek ist unheimlich von sich überzeugt und dozierte sehr lange vor seinen „Untertanen“, die ihm die ganze Zeit zuhören mussten, über seine weltlichen und angeblichen übersinnlichen Fähigkeiten.
Dabei ließ er immer wieder einfließen, dass er überhaupt nicht eitel sei und es ihm egal wäre, was die Leute von ihm halten.
Das empfand ich als performativen Widerspruch.

Ihr eigentlicher Protagonist ist David Ekwe Ebobisse alias „Mister Raw“. Wieso hat er die Dreharbeiten zugelassen?
Mein Co-Regisseur Johannes Büttner kennt David noch aus der Grundschule, das war sicher ein wichtiger Punkt, dadurch war von vornherein ein gewisses Grundvertrauen gegeben.
Außerdem haben wir klar kommuniziert, dass wir einen beobachtenden Film machen. Wir wollten David, seine Gruppe und seinen Betrieb mit offenem Blick über einen längeren Zeitraum begleiten, ohne Zielvorgabe und ohne kritische Off-Kommentare. Unter diesen Voraussetzungen konnte er sich auf das Projekt einlassen.
Möglicherweise hat David sich Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit davon versprochen, schließlich agiert er als Influencer, und so gesehen ist jede Kamera für ihn eine Möglichkeit, größer und bekannter zu werden.
Ich könnte mir aber noch ein anderes Motiv vorstellen: dass David doch auch im Austausch mit der Mehrheitsgesellschaft bleiben möchte, dass er verstanden werden will. Nach der Sichtung des fertigen Films – den er übrigens gut findet – sagte David über eine Szene im
Film, wo er von Rassismuserfahrungen berichtet: „Vielleicht sind die Zuschauer gnädiger mit mir, wenn sie hören, warum ich mich so radikalisiert habe.“Das könnte ebenfalls eine Rolle gespielt haben, aber das müssten Sie ihn selbst fragen.
Neben Peter Fitzek hat der „Geistheiler Sananda“ einen Gastauftritt in dem Film. Auch er gibt jede Menge seltsames Zeug von sich, was David mit einer merkwürdigen Mischung aus Ernsthaftigkeit und Amüsement goutiert. Spätestens in dem Moment fragt man sich, ob der Herr Ebobisse das wirklich alles glaubt, was er und andere da so erzählen.
Diesen Effekt hat die Szene auf viele Zuschauer – und wir haben uns das auch die ganze Zeit über gefragt.
Genau weiß ich es natürlich nicht, auch das kann nur David beantworten, aber ich würde ihn so einschätzen, dass er nicht komplett zynisch ist und gar nichts von dem glaubt, was er nach außen vertritt. Das ist nicht mein Eindruck, und auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis wäre dabei nicht sonderlich gut, weil David meiner Einschätzung nach auf der sozialen und persönlichen Ebene durchaus einen hohen Preis zahlt.
Ich denke, dass er einfach mit verschiedenen Möglichkeiten jongliert, und das ist auch oftmals das, was diese ganze Szene eint. Wenn man grundsätzlich davon ausgeht, dass das offizielle Narrativ der Mehrheitsgesellschaft eine bewusste Lüge, also ganz sicher falsch ist – dann ist alles andere möglich.
Was stattdessen stimmt, ob die Erde nun flach ist oder nicht, das ist dann nicht mehr so wichtig, das wird flexibel gehandhabt, im Rahmen einer gemeinsamen „Wahrheitssuche“. Das ist auch einer der Gründe, warum verschwörungsideologische und rechte Bewegungen so groß geworden sind: weil sie sich damit maximal anschlussfähig nach allen Seiten halten.
Ich schätze David so ein, dass er manche Behauptungen mehr glaubt und andere weniger, aber er würde nie vor laufender Kamera einem anderen Verschwörungsideologen widersprechen.

In einer Filmrezension heißt es: „Mit Timo zieht das Gruseln ein in den Film, die Faszination von Reichsbürgergeschwafel und dem elektrisierenden Verkaufsmäandern von David macht zunehmend dem Horror Platz, dass wir miterleben, wie ein Mensch gleichzeitig ausgenutzt und im Stich gelassen wird.“
Dieser junge Mann ist offensichtlich schwer psychisch erkrankt, während David und der Geistheiler Sananda behaupten, sein Zustand rühre von Besetzungen durch dunkle Mächte her, er könne aber mit Fasten und Nahrungsergänzungsmitteln geheilt werden. Im Pressematerial zu „Soldaten des Lichts“ steht: „Im Schnitt haben wir versucht, vor allem auch den Emotionen, die Timos Weg bei uns auslöste, gerecht zu werden.“
Man kann also sagen, dass dieser junge Mann eine zentrale Stellung in den 108 Minuten einnimmt. Und auch der Filmtitel ist einem Zitat von David über Timo entliehen: „Leute, das ist, was Mr. Raw den ganzen Tag macht, und wieso dieser Laden hier geschlossen werden soll. Denn wenn wir mehr Menschen wie Timo in ihre Kraft bringen, wird die Welt bald nicht mehr so aussehen. Wir sind: Soldaten des Lichts.“
Wie hätte der Film ausgesehen, wenn Sie Timo nicht bei David angetroffen hätten?
Das kann ich Ihnen nicht sagen.
Bei dieser Art des Filmemachens – der beobachtenden Kamera – ist es so, dass man vorher eben keinen Plan macht, nicht einfach nur eine These aufstellt und dann versucht, diese zu belegen. Hätte David uns von seinem Wirken überzeugt, hätten wir gesehen, dass es den Menschen, die zu ihm kommen, danach viel besser geht, dann hätten wir auch das abgebildet.
Aber wir trafen dort viele Menschen, bei denen wir den Eindruck hatten, dass sie in einer Krise stecken, dass sie teilweise verzweifelt sind und sich Antworten oder gar Heilung erhoffen – die David aber nicht wirklich anbieten kann. Timo war ein Beispiel dafür.
Ohne ihn wäre der Film bestimmt ein anderer geworden, er hätte wohl nicht diese Emotionalität und Schwere bekommen, aber es hätten sich andere Aspekte ergeben, die kritikwürdig sind. Ansatzweise sieht man das zum Beispiel in den Szenen mit dem Geistheiler Sananda oder mit dem Krypto-Influencer, der völlig abschätzig über Arme, Frauen und Transmenschen redet.
Auch bei diesen Aufnahmen habe ich stark empfunden, dass das nicht meine Welt ist.

Apropos Geld: In der Regel reagiert das Finanzamt bei noch so geringfügigen Säumigkeiten mit Mahnungen und Verspätungszuschlägen. Wie kann das sein, dass Herr Ebobisse sich sogar in Videos damit brüstet, als KRD-Anhänger überhaupt keine Steuern zu zahlen?
In der Tat könnte ich mir vorstellen, dass der Staat hier mehr tun könnte, um diese Form der Steuerhinterziehung zu beenden.
Was trägt „Soldaten des Lichts“ aus Ihrer Perspektive zu der aktuellen Debatte um die Polarisierung der Gesellschaft, Verschwörungsideologien, Rechtsruck etc. bei?
Was die Zuschauer:innen mit unserem Film anfangen, muss jeder und jede Einzelne für sich selbst entscheiden. Unser Dokumentarfilm gibt die Deutung des Gezeigten nicht vor, sondern beschreibt einen Zustand und soll Fragen aufwerfen, die das Publikum vielleicht auch ein Stück weit dazu zwingen, Entscheidungen zu treffen.
Ich persönlich denke, dass wir Menschen wie Timo Alternativen zu dieser Szene anbieten müssen. Er wäre vielleicht gar nicht bei David gelandet, wenn wir eine solidarischere Gesellschaft hätten, die jemandem wie ihm früher bessere, gemeinschaftliche Angebote gemacht hätte. Oftmals ist der Weg in eine solche Radikalisierung eine Folge von Vereinsamung. Bei Timo passierte das während der Coronazeit, als sein Fitnessstudio monatelang schließen musste. Insofern ist „Soldaten des Lichts“ auch ein Post-Corona-Film.
Außerdem müssen wir die Strukturen offenlegen, die hinter Figuren wie Mister Raw oder Peter Fitzek oder dem Geistheiler Sananda stehen. Das ist ganz zentral, denn diese Akteure tun harmlos und verstecken ihre menschenfeindlichen Inhalte. Deshalb finde ich auch wichtig – was wir im Film nur en passant dokumentieren –, dass Bürger:innen vor Davids Rohkosteria in Frankfurt demonstriert und deutlich gemacht haben, dass sie dieses Stück Stadtraum nicht abgeben wollen an die Feinde der Gleichwertigkeit aller Menschen.
Letztendlich möchte ich aber gar nicht so sehr vor diesen Personen warnen, sondern vor jenen Tendenzen in unserer Gesellschaft, die geradewegs in die neoliberale, auf Selbstoptimierung ausgerichtete Welt dieser Szene hineinführen. Das ist mein Anliegen.
Wie geht es mit dem Film nun weiter?
Wir hoffen, dass wir es noch zu dem einen oder anderen Festival in Deutschland und im Ausland damit schaffen. Voraussichtlich im August wird „Soldaten des Lichts“ in ausgewählte Kinos kommen, und gegen Jahresende dann ins Fernsehen und in die Mediatheken.
Zum Weiterlesen:
- Harder, Bernd „Soldaten des Lichts: Die Verschwörungs-Doku jetzt kurzzeitig online streamen“ skeptix (12. Mai 2025)
- Harder, Bernd „Es war einmal … ein König. Und ein Prinz. Und ihr Phantasiereich“ skeptix (20. Mai 2025)
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