Bis heute ist kein beweiskräftiges Dokument entdeckt worden, mit dessen Hilfe MK-ULTRA eine Verschwörung zur Erschaffung ferngesteuerter menschlicher Killerroboter oder eine Verschwörung zur Schwächung einer ganzen Generation durch die Versorgung mit einer bewußtseinsverändernden Droge nachgewiesen werden könnte,
schreiben Jonathan Vankin und John Whalen in ihrem Buch „Die 50 größten Verschwörungen aller Zeiten“.
Das ist etwas missverständlich.
Dass es ein geheimes Forschungsprogramm der CIA über Möglichkeiten der Bewusstseinskontrolle mit der Bezeichnung „MK-ULTRA“ gegeben hat, ist unstrittig. Und wenn es wirklich noch weiterer Beweise bedurft hätte, dann finden sie sich in der Dokumentensammlung, die das National Security Archive jetzt veröffentlich hat.

Zur Erinnerung:
1953 kündigte der CIA-Direktor Allen Dulles als Reaktion auf die Bedrohung durch angeblich erfolgreiche „Gehirnwäschen“ in kommunistischen Ländern eine „Schlacht um den Geist des Menschen“ an.
In geheimen Experimenten mit dem Codenamen MK-ULTRA sollten alle erdenklichen Möglichkeiten der Bewusstseinskontrolle und Verhaltensmanipulation getestet werden, mit Mitteln wie Drogen, Hypnose, Krankheitserregern etc.
Als Probanden wurden neben Armeeangehörigen und CIA-Mitarbeitern auch hunderte anhnungslose Zivilisten – darunter psychisch Kranke, Prostituierte und Gefängnisinsassen – missbraucht. Zahlreiche Versuchspersonen erlitten unter dem Einfluss von Halluzinogenen wie LSD und Mescalin schwere geistige und körperliche Schäden.
Erst 1974 wurde die Öffentlichkeit durch einen Bericht der New York Times auf die Menschenversuche aufmerksam. Mehrere Untersuchungskommissionen befassten sich mit dem Projekt. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt bereits die meisten Akten illegal vernichtet worden.

Lediglich einige Dokumente, die wohl versehentlich falsch gelagert wurden, sind heute zum Beispiel auf der privaten Webseite The Black Vault zu finden.
Ende letzten Jahres hat das regierungsunabhänge National Security Archive der George Washington University weitere 1.200 Aktenseiten zum „Infamous MKULTRA Program“ veröffentlicht. Sie stammen (mit handschriftlichen Anmerkungen) aus dem privaten Recherchematerial des ehemaligen US-Regierungsbeamten John D. Marks, der 1979 das Buch „The CIA and Mind Control“ schrieb.
Diese Dokumente tragen weiter zur Aufhellung der „shocking secret history of the CIA’s mind control research programs“ bei, wie das National Security Archive schreibt:

Radioaktive „Strahlung“ und „Elektroschocks“ gehörten ebenso zu den eingesetzten Mitteln wie Konzepte aus der „Psychologie und Psychiatrie“:

„Ärzte, Toxikologen und andere Experten“ in Krankenhäusern und Gefängnissen waren an den Versuchen beteiligt:

In der letzten Phase des Projekts wurden auch „unwissenden Personen“ im normalen Alltagsleben Substanzen verabreicht:

Es handelte sich dabei um Stoffe, die „unlogisches Denken fördern“, eine „Amnesie hervorrufen“ oder „die Persönlichkeitsstruktur verändern“ sollten:

Fraglos war MK-ULTRA
… one of the most infamous and abusive programs in CIA history […] an especially dark period in the history of the behavioral sciences
und zugleich eine unglaubliche „Geschichte von fast völliger Straflosigkeit für unzählige Missbräuche, die über Jahrzehnte hinweg begangen wurden“, merkt das National Security Archive an.
Daher mag es verständlich sein, dass Anhänger der „Rituelle Gewalt-Mind Control“-Verschwörungstheorie auch heute noch MK-ULTRA als Beweis für die „Erschaffung bewusstseinskontrollierter Sklaven“ und „Programmierung/Mind Control“ hernehmen.
Allerdings war MK-ULTRA letztendlich ein totaler Fehlschlag.
Der Journalist und Autor Stephen Kinzer („Project Mind Control: Sidney Gottlieb, die CIA und das LSD – wie der amerikanische Geheimdienst versuchte, das Bewusstsein zu kontrollieren“) sagt über einen der MK-ULTRA-Hauptakteure, den Chemiker Sidney Gottlieb:
Nach all den Experimenten, die zu Todesfällen und Misshandlungen in unbekannter Größenordnung führten, musste Gottlieb am Ende zu dem Schluss kommen, dass er versagt hatte. Gedankenkontrolle ist ein Mythos.
Auch wenn das MK-ULTRA-Projekt „eine der übelsten Verschwörungen war, die jemals in den USA oder anderswo auf der Erde aufgedeckt wurden“ – „wissenschaftliche Ergebnisse brachte es kaum“, schreibt Charlotte Greig.
Was findet sich dazu in der New Scholarly Collection des National Security Archive?
Offenbar war den Verantwortlichen durchaus klar, dass es sich bei den kommunistischen „Gehirnwäsche“-Versuchen um unbelegte Gerüchte handelte:

Alle Anwesenden stimmten darin überein, dass es keine schlüssigen Beweise gab, weder aus Berichten über sowjetische Aktivitäten noch in der westlichen Forschung, die darauf hinweisen, dass neue oder revolutionäre Fortschritte in diesem Bereich erzielt wurden.
Aber im Kalten Krieg sah man sich wohl gezwungen, in ein parapsychologisches Wettrüsten ebenso einzutreten wie in die „Schlacht um den Geist des Menschen“.
Der Erfolg: gleich null. 1960 war immer noch keine effektive „Knockout-Pille“ oder ein „Wahrheitsserum“ bekannt.

Dabei blieb es auch bis zum Ende von MK-ULTRA in den 1970ern.
Und heute?
Der Neurophilosoph Lukas Meier schreibt in einem aktuellen Aufsatz, dass einige Ziele des damaligen Programms mit modernsten Methoden wie Gehirn-Computer-Schnittstellen möglicherweise zu realisieren wären. Solche Neurotechniken wie ein Brain-Computer-Interface machen jedoch „Mind Control“, wie Verschwörungsgläubige sie sich vorstellen, nicht plausibler.
Allerdings sollten die verheerenden Folgen jener aberwitzigen Versuche, Menschen mental umzuprogrammieren, uns in der Gegenwart „als Warnung“ dienen.
Quellen:
- „CIA Behavior Control Experiments Focus of New Scholarly Collection“ National Security Archive (23. Dezember 2024)
- Hale, Tom „MKUltra: Shadowy Details Of CIA’s Mind Control Operation Shown In New Documents“ IFLScience (7. Januar 2025)
- Hersh, Seymour „Huge CIA Operation reported in U.S. against antiwar forces, other dissidents in Nixon years“ New York Times (22. Dezember 1974)
- Meier, Lukas „Mind Control: Past and Future“, Carr Center Discussion Paper (9. Januar 2025)
- Kinzer, Stephen/Gross, Terry „The CIA’s Secret Quest For Mind Control: Torture, LSD And A Poisoner In Chief“ npr (20. November 2020)
- O’Neill, Tom „Inside the Archive of an LSD Researcher With Ties to the CIA’s MKUltra Mind Control Project“ The Intercept (24. November 2019)
- „MKultra“ hoaxilla (15. September 2013)
- Leusch, Peter „Die Menschenversuche der CIA“ Deutschlandfunk Kultur (12. April 2017)
- Bauer, Peter „Als die CIA die Gedankenkontrolle erfand“ orf (2. Januar 2022)
- Greenewald, John „CIA MKULTRA/Mind Control Collection“ The Black Vault (1. September 2019)
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