Ist die Internet-Sekte 764 ein Beweis für „rituelle Gewalt“?

(Lesedauer ca. 11 Minuten)

Der „White Tiger“, über den wir im März hier berichteten, ist in Hamburg festgenommen worden. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich ein 20-Jähriger, der als zentraler Akteur des extremistischen Online-Netzwerks „764“ gilt. Ihm wird unter anderem Mord, versuchter Mord und sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen. Konkret soll Shahriar J. einen 13-jährigen Jungen aus den USA so manipuliert und bedrängt haben, dass der sich im Januar 2022 vor laufender Kamera das Leben nahm.

https://www.youtube.com/watch?v=TrDr35d-Te0

Der NDR schreibt:

Die Online-Community tritt in Erscheinung mit satanistischen, sadistischen und pädokriminellen Inhalten. Zentrales Motiv sei die gezielte Suche nach psychisch labilen Kindern in Chatforen oder Online-Games, um sie systematisch zu manipulieren, teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit.

https://www.youtube.com/watch?v=c8-KZjeGUy0

Im März hatte das FBI vor „764“ gewarnt:

Sie nutzen Drohungen, Erpressung und Manipulation, um Opfer dazu zu zwingen, Live-Videos von Selbstverletzungen, Tierquälerei, sexuell expliziten Handlungen und/oder Suizid zu produzieren, zu teilen oder zu streamen.

Die Aufnahmen werden dann von den Mitgliedern des Netzwerks verbreitet, um die Opfer weiterhin zu erpressen und Kontrolle über sie auszuüben.

Von der amerikanischen Bundesbehörde kam auch der Hinweis auf den 20-jährigen deutsch-iranischen Staatsbürger. Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel sprach von „Abgründen, die nur schwer auszuhalten sind“. Die Taten zeigten ein unvorstellbares Maß an Verrohung und Unmenschlichkeit. Der Haftbefehl umfasst 123 Straftaten zwischen 2021 und 2023.

Vor allem ausländische Medien beschreiben „764“ mitunter als „Decentralised Satanist Terror Network“ und berichten von „ideologischen Verbindungen mit der satanischen und neonazistischen Terrororganisation“ Order of the Nine Angles. Daher ist es wenig verwunderlich, dass im Zusammenhang mit der „White Tiger“-Festnahme auch von „ritueller Gewalt“ die Rede ist (für die es bislang keinerlei Beweise gibt), zum Beispiel hier

https://www.youtube.com/watch?v=miqq0x0cSog

… oder hier:

https://kurzlinks.de/44xq

Die Vorwürfe gegen den 20-jährigen aus dem Hamburger Stadtteil Marienthal klingen – wie generell alles zu „764“ – „verstörend und kaum fassbar“, erklärt T-Online. Aber was hat dieser Fall mit Satanismus und „ritueller Gewalt“ zu tun?

Schon im März warnte der Theologe und Podcaster Fabian Maysenhölder (secta.fm) vor einer „Hysterie wie der sogenannten Satanic Panic in den 1980ern“. In einer Secta-Folge zu „764“ sagte Maysenhölder:

Ich glaube, man muss aufpassen, dass das in diesem Fall nicht auch passiert. Das ist nichts, was jetzt allgemein mit Satanismus zusammenhängt, sondern das ist ein Phänomen, das sehr spezifisch ist.

Wir sprachen zudem mit einem Szene-Kenner, der anonym bleiben möchte, über „764“ und den „Order of Nine Angles“:

Skeptix: In den vergangenen Tagen machte das „Sadisten-Netzwerk“ (n-tv) „764“ auch in Deutschland Schlagzeilen. Der Stern schreibt, „764“ sei „eng mit dem satanistischen Netzwerk Order of Nine Angles verwoben“. Das Gleiche liest man bei Wikipedia. Wie sehen Sie diese Verbindung zwischen „764“ und dem Satanismus?

Aus meiner persönlichen Perspektive ist diese Verbindung nur eine sehr oberflächliche.

Die Gruppe „764“ wurde 2021 von einem damals 15-Jährigen gegründet, und auch der zuletzt festgenommene Hamburger war zwischen seinem 16. und 19. Lebensjahr in diesem Netzwerk aktiv. Der angebliche Satanismus, der dort praktiziert werden soll, beschränkt sich auf oberflächlichste Symbolik, meines Erachtens, um neben Rechtsradikalismus und Nihilismus ein weiteres stylisches Label zu verwenden, ohne sich dessen Essenz bewusst zu sein.

Es wurden vornehmlich popkulturelle Symbole verwendet, die man auf jedem Heavy-Metal-Konzert zuhauf findet, ohne auch nur im Ansatz auf die dahinterstehende Historie oder Philosophie einzugehen.

Hätte auch nur einer der Täter von „764“ ein Grundlagenwerk echter satanischer Ansichten1 zur Hand gehabt, also jene Philosophie, welche Selbstverantwortung verordnet und Straftaten, insbesondere an Kindern, kategorisch ablehnt, hätte derjenige vielleicht gemerkt, dass er Symbole einer Subkultur verwendet, die er nicht im Ansatz verstanden hat.

Was über den „Order of Nine Angles“ (ONA) öffentlich bekannt ist, klingt allerdings ziemlich abgefahren. Was ist das für eine Gruppierung und wie steht der ONA zu „764“?

Der „Order of Nine Angles“ ist eine Gruppierung, die man szene-intern am ehesten als okkulte Luziferaner bezeichnen könnte. Im Gegensatz zu Satanismus geht der Luziferanismus von einer real existierenden Entität oder mehreren solcher „höheren Wesenheiten“ aus.

Das magische System, nach dem diese Gruppe agiert, beinhaltet so ziemlich alles, was die okkulte Welt hergibt: Germanische Runen, Alchemie, Gematria, Astrologie, Tarot, keltische Systeme und thelemisch beeinflusste Sexualmagie – was einvernehmliche Praktiken unter Erwachsenen meint, wie sie zum Beispiel im „Naos: A practical Guide to modern Magick“ beschrieben werden.

Der innere Kern des ONA besteht nur aus wenigen Mitgliedern, ursprünglich wurde der Orden in Großbritannien gegründet. Allerdings hat die Gruppe eine sehr offene Vorstellung davon, wer zu ihr gehört – im Grunde kann sich eigentlich jeder, der sich dem ONA zugehörig fühlt, pro forma als Mitglied betrachten, was auf ein universelles esoterisches Weltverständnis zurückzuführen ist.

Der ONA führt keinerlei Mitgliederlisten und weiß selber nicht, wer offen oder im stillen Kämmerlein mit ihm sympathisiert und sich als Teil der Gruppe betrachtet. Das führte etwa zu der kuriosen Situation, dass sich im Zeitraum zwischen 2008 und 2013 eine Gruppe von High-School-Girls unter Führung einer gewissen „Chloe Ortega“ im Internet als legitime ONA-Repräsentanz ausgab und mit ihren Pseudoaktivitäten sogar erfahrene Satanisten täuschen konnte, wie man hier nachlesen kann.

Originalliteratur des „Order of Nine Angles“

Nichtsdestotrotz ist bei Wikipedia von „rechtsterroristischen Verbindungen und Aktivitäten“ die Rede, andere Quellen werfen der Gruppierung „Akzelerationismus“ vor, also letztendlich das Bestreben, die kapitalistische und demokratisch verfasste Gesellschaft zusammenbrechen zu lassen.

Ich weiß, aber ich habe leider nicht die Möglichkeit, das zu validieren oder zu negieren. Ich kann nur von dem ausgehen, was im originalen Schrifttum des Ordens steht, und dort konnte ich darüber nichts finden.

Ich will den „Order of Nine Angles“ auch nicht unbedingt verteidigen, aber anmerken, dass einzelne Personen, wie etwa „Chloe Ortega“, alles Mögliche im Namen des ONA verbreiten können, ohne dass sich dagegen offiziell Widerspruch erheben würde. Zum anderen ist es durchaus möglich, dass einige dezentrale ONA-Mitglieder das so sehen. Der „Order of Nine Angles“ ist sicherlich radikaler als die „Church of Satan“ und ich will nicht verhehlen, dass Satanismus misantropisch werden kann, wenn er von Menschen mit übersteigertem Ego und radikalen Ansichten übertrieben wird.

Leider kann man als Satanist nicht verhindern, dass sich irgendein Spinner ein Pentagramm umhängt, bevor er eine Straftat begeht, so gerne wir das verhindern würden.

Kommen wir zurück zu „764“, was ja das eigentliche Thema ist.

Der Hauptunterschied dürfte sein, dass der ONA eine Angelegenheit zwischen mündigen Erwachsenen ist, während bei „764“ Teenager in Suizidforen labile andere Teenager rausgepickt und zur Unterhaltung viktimisiert haben. Bei aller Erbärmlichkeit der überwiegend jugendlichen Täter waren deren Taten grausam und verabscheuungswürdig.

Der „Order of Nine Angles“ hat sich vor zwei Jahren, nach einem Bericht der New York Post, von „764“ distanziert – wenn auch in einer Form, die auf Außenstehende zugegebenermaßen befremdlich wirken kann, weil man eher Antipathie gegen das Netzwerk herausliest und weniger Abscheu gegenüber den Taten. Im Kern erklärt der Autor, dass der ONA eine individualisierte esoterische Bewegung ohne formale Mitgliedschaften sei und „764“ aus Posern mit Black-Metal-Emblemen bestehe.

Man kann also nicht behaupten, dass „764“ ein Ableger oder eine Splittergruppe des ONA oder eine organisierte rituelle Bewegung wäre. Ich halte, wie schon gesagt, „764“ für ein Netzwerk von Einzeltätern, die sich das Satanismuslabel vor allem aus Stylegründen und zur künstlichen Mystifizierung gegeben haben. Mit echtem Satanismus hat das nichts zu tun.

Verschiedene Kommentatoren sehen jetzt trotzdem einen Beweis für „rituelle Gewalt“ erbracht.

Meines Erachtens zu Unrecht.

„764“ ist weder intergenerational seit Dekaden oder gar Jahrhunderten unterwegs, sie sind nach zwei Jahren aufgeflogen. Sie sind auch nicht nach strenger Arkandisziplin im Untergrund aktiv, sondern unpersönlich im Netz. Die Führungspersonen gehörten nicht zu einer ominösen Elite, sondern waren Außenseiter, die laut Medienberichten das Netzwerk als Reaktion auf Mobbingerfahrungen in der Schule gründeten. Zudem wurden die Opfer nicht mittels psychologischem Spezialwissen in mehrere Persönlichkeiten gespalten.

Die üblichen Verschwörungserzählungen des Satanic-Panic-Narrativs passen schlichtweg nicht, und hätten sich nicht einzelne Mitglieder auf ihren Profilbildern mit satanischen Symbolen behängt, deren Bedeutung sie nicht einmal verstehen, käme man auch gar nicht auf den Gedanken, dass „764“ ein Beleg für die Existenz „satanistisch-ritueller Gewalt“ sein könnte.

Dass nun einige Pressevertreter damit Schlagzeilen generieren und Anhänger von Verschwörungserzählungen dies nutzen, um ihr Narrativ zu pushen, ist erwartbar und entwürdigt die allzu realen Opfer dieses Netzwerks ein weiteres Mal.

Diesen Punkt arbeitet auch eine Gruppe von Psychologinnen und Psychologen im aktuellen Psychotherapeutenjournal (2/2025) heraus:

https://www.psychotherapeutenjournal.de/2025/2/ptj202502.003

Es geht nicht um die Frage, ob es extreme und/oder organisierte Formen sexualisierter Gewalt gibt oder ob Täter*innen existieren, die Sekten, Kulten oder ideologisch geprägten Gruppierungen zugehörig sind. Hierfür gibt es mehr als genug Belege.

Im Mittelpunkt der Kontroverse steht vielmehr die Frage, ob eine umfassende Programmierung mittels „Mind Control“ durch über viele Jahre geheim gebliebene – gesellschaftlich sehr gut eingebundene – Täter*innennetzwerke wahrscheinlich oder überhaupt möglich ist.

Konkret lautet die Frage, ob davon auszugehen ist, dass ein großes Netzwerk von Personen existiert, die bereit und in der Lage sind, durch planmäßig wiederholte Anwendung schwerer sexueller, körperlicher und psychischer Gewalt eine gezielte Aufspaltung der Persönlichkeit absichtsvoll zu evozieren und die entstehenden Persönlichkeitsanteile für unterschiedliche eigene Interessen „abzurichten“, langfristig für eigene Interessen „steuerbar“ zu machen und sich dabei zugleich zunutze machen können, dass die so behandelten Kinder und späteren Erwachsenen aufgrund der hervorgerufenen Persönlichkeitsspaltung keine Erinnerung an die Handlungen haben.

Klare Antwort: nein.

Zum Weiterlesen:

Titelfoto: Unsplash/Squidward Handsome

  1. Zum Beispiel die Veröffentlichungen der „Church of Satan“, die gewissermaßen den Ausgangspunkt der neo-satanistischen Literatur bilden, vornehmlich von Autoren wie LaVey, Gilmore und Barton. Davon inspiriert wurden unter anderem Oliver Fehn („Satans Handbuch“), Lars Peter Kronlob („Die Philosophie des Satanismus“), Burton H. Wolf („The Devils Avenger“), Joachim Schmidt („Satanismus – Mythos und Wirklichkeit“), Stanislaw Przybyszewski („Die Gnosis des Bösen“) und „Das satanische Leben“ (verschiedene Autoren).

Kommentare

37 Antworten zu „Ist die Internet-Sekte 764 ein Beweis für „rituelle Gewalt“?“

  1. Das Thema führt in das Zentrum der evidenzbasierten Medizin: Welchen Stellenwert haben „Erinnerungen“ von Patient:innen, welchen die klinischen Erfahrungen von Therapeut:innen und welchen Stellenwert haben Studien – und was folgt aus alldem für die therapeutische Praxis unter der medizinethischen Maxime „vor allem nicht schaden“.

    Das wird leider in manchen traumatherapeutischen Zirkeln auf dem Niveau gutmeinender Glaubensgruppen abgehandelt und scheinbar parteinehmend für Patientinnen, „denen sonst niemand glaubt“, gegen jede Kritik immunisiert.

  2. Bernd Harder

    @Joseph Kuhn:

    Dazu:

    Wünschenswert wäre künftig ein echter Fachaustausch zwischen Klinker*innen und Forensiker*innen, im Zuge dessen Forensiker*innen ein vertiefteres Verständnis therapeutischer Techniken vermittelt werden könnte, um Suggestionsrisiken unterschiedlicher traumafokussierter Techniken differenzierter einschätzen zu können und diesbezügliche Pauschalurteile zu vermeiden.

    https://www.researchgate.net/publication/390550846_Traumatherapie_und_ihre_Schattenseiten_Uber_unerwunschte_Nebenwirkungen_mussen_wir_reden_statt_sie_zu_verharmlosen

    https://link.springer.com/article/10.1007/s11757-025-00886-3

  3. @ Bernd Harder:

    Ist das Zitat aus einem der beiden verlinkten Artikel? Ich verfolge die Diskussion zwar nicht im Detail, aber mir scheint, dass man weniger „Forensiker*innen“ als manche Psychotherapeut:innen in einem angemesseneren Umgang mit der Problematik unterstützen müsste.

    Die beiden Berufsgruppen haben zudem mit Blick auf die Patientinnen unterschiedliche Rollen.

  4. Bernd Harder

    @Joseph Kuhn:

    Ja, aus dem ersten.

    Aber stimmt, es geht noch weiter:

    Kliniker*innen könnten in diesem Rahmen für suggestionsrelevante Faktoren, die regelmäßig außerhalb der eingesetzten Techniken wirksam werden dürften, sensibilisiert werden.

  5. Ihr habt im Schlussabsatz das antisemitische Momentum von „international vernetzten satanistischen Geheimgruppierungen“ vergessen. Die „konkrete Frage“ so wie geschrieben lässt sich basierend auf dem heutigen Stand der psychologischen Theorie anhand real nachgewiesener Fälle gut plausibilisieren.

    @Bernd Harder
    Der Austausch ist tatsächlich sehr wünschenswert und nötig. Mir scheint in der Forensik sind große Teile aktueller gut erforschter therapeutischer Grundlagen, insbesondere innerhalb der Traumatherapie, kaum bekannt. Traumaforschung ist eigentlich ein sehr zentraler Faktor in der – nicht nur psychologischen – Arbeit mit Menschen die erwartbar traumatisiert sind (Täter wie auch Opfer von schweren Verbrechen)

  6. Bernd Harder

    @Saegge:

    „Wir“ haben da gar nichts vergessen. Das ist ja ein Zitat aus einem Aufsatz, den wir nicht einfach ergänzen können.

  7. Sebastian

    Vielleicht ein wenig OffTopic. Entscheidend für eine gut untersuchte Traumatherapie sind vermutlich auch die mit dem Trauma verbundenen Diagnosen.

    Zur PTBS gibt es eine S3 Leitlinie. Zur DIS gibt es meiner Kenntnis nach nur eine S1 Leitlinie.

    Beides Diagnosen im Zusammenhang mit Trauma und komplett unterschiedlicher Grad der Evaluierung.

  8. Bernd Harder
  9. Bernd Harder

    Neuer Artikel:

    https://www.spiegel.de/panorama/justiz/sadisten-netzwerk-um-white-tiger-wie-ein-fbi-agent-an-der-hamburger-polizei-verzweifelte-a-1ccc1e82-ed3b-406f-9e6f-6bc5f3b3b150

    Ein FBI-Agent berichtet, dass seine Behörde die deutschen Ermittler bereits 2023 umfassend mit allen Informationen versorgte:

    In Sicherheitskreisen heißt es, man dürfe den Fall nicht nur aus der Rückschau bewerten. Deutsche Behörden hätten mit dem Phänomen der online organisierten Sadistennetzwerke keine Erfahrung gehabt. Wissen über die damals recht neue Szene habe man sich erst aneignen müssen. Es sei leider Realität, dass Polizeiarbeit häufig nach Schemata verlaufe und von Routinen geprägt sei. Das verhindere bisweilen eine schnelle Erfassung neuer Gefahren.

    Das nennt man wohl eine Bankrotterklärung.

  10. Die RG-MC-Szene meint im Fall „White Tiger“ mal wieder einen Beweis für ihr Narrativ gefunden zu haben. So belege etwa die Manipulation von Kindern und Jugendlichen via Internet die sogenannte „Fernsteuerung“. Nun ja, die übliche Auch-die-Ananas-ist-ein-Apfel-Masche.

    https://www.youtube.com/watch?v=a5F9u6OyJ5Y&t=2988s

  11. Bernd Harder

    @Sandra:

    Hat unsere Soap-Darstellerin ein neues Bewerbungsvideo für die Schauspielschule gedreht?

  12. @Bernd Harder

    Klar, das volle Programm. Im verlinkten Video wird uns zum x-ten Mal die Welt erklärt und im Folgevideo behauptet sie dann, mit verstellter Stimme und todernster Miene, dass sie wegen ihres letzten Videos bedroht werde.

    Tja, DIS-obey eben. Aber ich habe es mal verlinkt, da sie Skeptix mehrfach erwähnt.

  13. Bernd Harder

    @Sandra:

    … behauptet sie dann, mit verstellter Stimme und todernster Miene, dass sie wegen ihres letzten Videos bedroht werde.

    Die permanente Spendenbettelei allein zieht wohl nicht mehr genug.

  14. Ines Wilke

    Diese Worte gehen direkt an DIS-obey, weil ich weiß, dass sie hier mitliest:

    Dissoziative Identitätsstörung wird oft so gezeigt, wie es ins Drehbuch passt: spektakulär, auffällig, filmreif. Figuren wechseln, Stimmen ändern sich, Persönlichkeiten treten auf wie Schauspieler auf einer Bühne. Dieses Bild ist populär, aber falsch.

    Die Realität ist stiller. Diffuser. Viel mehr Chaos und Überschneidung als klare Konturen. Keine Bühne, sondern ein Netzwerk von Fragmenten, Zuständen, inneren Stimmen – manche klar, manche verschwommen, manche nur als Gefühl.

    Die Fachliteratur und Menschen wie DIS-obey tragen Mitschuld an der Verzerrung. Dort werden Anteile oft wie klinische Charaktere beschrieben – mit Profil, Biografie, klarer Abgrenzung. Wer nicht so „bunt“ ist, zweifelt an sich selbst. Wer seine Innens nicht wie Figuren auf einer Bühne erlebt, gilt als atypisch. Dabei ist gerade das typisch: DIS ist nicht Theater, sondern Überleben.

    Und die Gesellschaft? Sie sieht im Klischee entweder das Kuriose oder das Bedrohliche. Patient:innen sind Aliens oder Betrüger:innen. Kaum jemand erkennt die eigentliche Not: Dass Dissoziation nicht Spiel, sondern Schmerz ist.

    Die Wahrheit ist: DIS ist keine Show, sondern eine stille Strategie. Nicht die Vielfalt ist entscheidend, sondern die Funktion. Anteile sind keine Masken für Aufmerksamkeit – sie sind Splitter, die ein Ganzes schützen. Nicht, um zu täuschen. Sondern um am Leben zu bleiben.

    DIS-obey, du bist eine Schauspielerin.
    Ob in der Klinik oder im Internet.
    Und du schadest damit permanent.
    Immer. Allen. Betroffenen.

  15. Bernd Harder

    @Ines Wilke:

    … weil ich weiß, dass sie hier mitliest:

    Wenn das so ist, dann ist ihr komisches Video umso unverständlicher. Entweder kann sie intellektuell das Thema gar nicht durchdringen, oder es geht tatsächlich nur ums Spendenbetteln.

  16. Jetzt bin ich mal gespannt, ob ihr offen für neue Erkenntnisse seid. Sind hier die neueren Forschungen zu langem sexuellen Missbrauch bis ins Erwachsenenalter bekannt? Hier geht es nicht um irgendwelche satanistischen Kulte oder Verschwörungstheorien. Und dennoch scheinen hier im Kern sehr ähnliche psychologische Manipulationen stattzufinden, wie sie etwa Dis-obey beschreibt. Darunter das gezielte hervortriggern von Persönlichkeitsanteilen zu bestimmten, insbesondere sexuellen Zwecken. Die drei wichtigsten Paper dazu:
    Middleton, W. (2013). Ongoing incestuous abuse during adulthood. Journal of Trauma and Dissociation 14(3): 251–272.
    Middleton, W. (2022). Beyond Death: Enduring Incest – The Fusion of Father with Daughter. In M. J. Dorahy, S. N. Gold, & J. A. O’Neil (Eds.). Dissociation and the Dissociative Disorders: Past, Present, Future. Routledge, pp. 223-237.
    McMaugh, K., Roufeil, L., Salter, M., & Middleton, W. (2024). Incestuous Abuse Continuing into Adulthood

    Zusammenfassend schreibt Middleton: “Based on my clinical observations, it is clear that the abusive (violent) fathers, while not usually versed in the scientific literature of dissociation, usually pick up on the dissociative switching of their victim(s) and frequently mold identity states to fulfill a number of purposes associated with entrenching their power and control, and fulfilling their sexual desires. Thus, utilizing attachment dynamics, alters are formed that may act as an early warning system, where the victim contacts the abusive father, if for example she becomes aware that police have been informed and are planning a visit. Conditioned alters may be created to fulfill sexual desires, for example, in childlike states to initiate sex with their abuser. Central messages from the abuser emphasize power, omnipotence and a claim that they will somehow be around forever. The daughters will often describe their father calling out particular alters by name.” (Middleton 2022, p. 232)”
    Weitere Zitate: “Abusive fathers invoking the notion of “specialness” is not limited to singling out a particular child for more abuse than siblings. It is frequently also used by such fathers in a further manifestation of a “divide and rule dynamic” in the creation of particular alters. For example, one of “Harriet’s” alters wrote in a child-like script, “I am 9. I came cos Daddy said I was his slave girl who did things that other parts are not allowed to know about. He doesn’t do this stuff with the others. I am special.”” (Middleton 2022, p. 228)

    “Like many others “Leanne” described her father as using particular code words or names to induce switching her into compliant parts. She was aware that her father targeted shame, and that shame in turn became a barrier to her co-consciousness. She hates her body. Her father has “always” said he owns her body and has said this to “lots of us.” Another, “Queenie” repeatedly experienced her father telling her, “You’re weak and you’re worthless!” She frequently hears her father’s voice saying, “Don’t betray the family!” Molly stated, “I believe some parts will do everything for Dad.”” (Middleton 2022, p. 229)

    “[Their primary abuser] maintains the submission and silence of his daughter via a combination of threat, conditioning and the manipulation of shame. His daughter has limited selfhood (e.g., not feeling she owns her own body) and despite the ongoing abuse will often manifest a tenacious attachment to the abusive father to whom she is psychologically fused. He in turn will manipulate her dissociation and not infrequently actively create alters, an activity that speaks to the capacity for the psychologically uninformed to observe dissociation on the part of victims (perhaps because they know it first hand from their own experience) and in turn foster and manipulate its creation.” (Middleton 2022, p. 235)”

    “It can prove to be extraordinarily challenging for an individual with little selfhood (and essentially no experience with safe and consistent boundaries) to loosen their attachment to an incestuous father, who himself may be dissociative and trans-generationally sexually attached to a parent. So conditioned and dissociative are such victims, that the act of actually marrying a partner, almost never brings the incestuous abuse to an end.” (Middleton 2022, p. 232)”

    “The ex-husband of another woman reported to me that their marriage went into terminal decline the day he unexpectedly returned home to find evidence that his wife had just had sex with her father in their marital bed. Another woman, in the hospital, struggling to effect a separation from her father, contrived a pretext for demanding immediate discharge. The underlying reason was her compulsion to seek out her father and have sex with him. Another woman wanted me present at the time she told her husband that incestuous abuse at the hands of her (now dead) father had continued through the earlier years of their marriage.” (Middleton 2013, p. 268)”

    “In 80% of cases the father took an active role in the creation of named alters, with such identity states performing particular sexual roles.” (Middleton 2013, p. 264)”

    “Hannah reported that her client moved out of home, hiding her location, only to find that “other dissociated parts of herself have given information to the abuser” enabling ongoing abuse, something also reported by Sachs (2017).
    Manipulation of dissociated parts and the attachment system by the perpetrators, in a manner that appeared deliberate, was described by some respondents, including Rebecca:

    The father and mother would both use exactly the same triggers and cues that they did in childhood, and they would call on [names dissociated part] . . . who had to please Daddy . . . and she [dissociated part] would leap in there and offer sex, because that’s what she believes she had to do.

    Similarly, Hannah described her client having very young child parts who talked about loving and wanting to please their stepfather. Hannah felt that these parts were “conditioned to respond” to the stepfather who was able to “call out certain parts who will engage in these [abusive] behaviours.”” (McMaugh et al. 2024, p. 8)

  17. Bernd Harder

    @“Sven“:

    Jetzt bin ich mal gespannt, ob ihr offen für neue Erkenntnisse seid.

    Wie kommen Sie darauf, dass wir das nicht kennen? „Neu“ ist daran gar nichts.

    Hier geht es nicht um irgendwelche satanistischen Kulte oder Verschwörungstheorien.

    Doch, genau darum geht es. Wenn „Dis-obey“ oder wie sich sich gerade nennt ihre „Erkenntnisse“ von dem Herrn Middleton bezieht – dann wundert uns allerdings nichts mehr.

    Warwick Middleton ist in Australien das, was eine Michaela Huber in Deutschland ist. Er war Vorsitzender einer „Special Interest Group“ namens „Ritual Abuse, Mind Control and Organised Abuse“ in der „International Society for the Study of Trauma and Dissociation (ISSTD)“. Klingt wissenschaftlich, ist aber nichts weiter als eine „controversial nonprofit professional organization“.

    Worum es bei diesen „Kontroversen“ geht, können Sie sogar bei einer frei zugänglichen und relativ oberflächlichen Erstinformationsquelle wie Wikipedia nachlesen. Natürlich fehlen da mitnichten „weit verbreitete satanische Kulte“ etc.

    Ausführlicher können Sie die Geschichte der ISSTD hier nachlesen.

    Sie wollen uns nicht ernsthaft Herrn Middleton als seriösen Experten verkaufen, der mit Leuten wie Colin Ross, Mike Salter oder Alison Miller zusammenarbeitet, oder?

    Das, was er publiziert, liegt auf der „Satanic Panic“-Linie, auch wenn er sich vorsichtiger ausdrückt und z.B. von „Konditionierung“ statt Mind Control spricht.

    Zu den Passagen, die Sie hier einkopiert haben, ist zu sagen, dass bei den zahlreichen Fällen von auch über lange Zeiträume anhaltendem, innerfamiliärem Missbrauch sich keine Hinweise darauf ergeben, dass die Betroffenen typischerweise Persönlichkeitsanteile im Sinne einer DIS entwickeln und sich dann an das Geschehene nicht erinnern würden. Im Gegenteil erinnern sie sich sehr gut und erleben typischerweise eine starke Ambivalenz gegenüber der missbrauchenden Person, die eher in Richtung einer Borderline-Symptomatik geht.

    Vor allem die von Ihnen erstgenannte Arbeit Middletons (die im Wesentlichen aus wild zusammengeschusterten Presseberichten besteht) erweckt den Eindruck, dass er die Symptome und Geschichten seiner zehn Patientinnen lediglich in seine vorher gefasste These einbaut, anstatt andersrum (= Bestätigungsfehler). Auch das auffallend frühe Alter der angeblichen „Erinnerungen“ (2,7 Jahre) kennen wir von der RG-MC-Theorie. Die Fälle, die Middleton schildert, decken sich nicht mit dem, was in der Fachliteratur über innerfamiliären Missbrauch belegt ist, und erinnern eher an den Fall Josephine R.

    Jetzt sind wir mal gespannt, ob Sie offen für seriöse Erkenntnisse sind:

    „Evidence is quite consistent in identifying sexual abuse as an important predisposing factor for early BPD onset, as supported by several studies [42,71,72,73,74,75,76,77,78] Moreover, it appears that adolescents with BPD present a higher risk of being involved in sexual trauma compared not only to healthy controls, as suggests the preliminary evidence collected by Venta and collaborators [74] but also to patients suffering from other psychiatric disorders.

    This finding is supported by Horesh and colleagues, who observed that in these subjects, there is a higher rate of sexual-abuse-related events than in depressed or in healthy adolescents [78]. What is more, there appears to be quite a specific correlation between childhood sexual abuse (CSA) and BPD, as supported by Rajan and collaborators, who observed that BPD was the only diagnosis absent in adolescents prior to the first registered CSA episode and that it started to be detected in the first year afterwards, then drastically increasing during the second year [77].

    This finding is further corroborated by Infurna and colleagues, who found that sexual abuse was the only type of abuse to be independently correlated to early BPD onset in a group of female adolescents [75].

    This association is also particularly relevant on a clinical level because it can alter clinical manifestations and worsen the course of BPD. In particular, it increases the risk of suicidal conducts [76,79], it has been associated with psychotic-like experiences [80], with a generally more severe symptomatology, especially in subjects with a history of prolonged CSA [71,81], and a lower remission rate [42,72].“

    Auch neueste Arbeiten sagen etwas anders als Middleton. Empfohlen seien Ihnen insbesondere die Seiten 19 ff. und 137 f.

    Sie schreiben:

    Und dennoch scheinen hier im Kern sehr ähnliche psychologische Manipulationen stattzufinden, wie sie etwa Dis-obey beschreibt.

    Nope. Die realen Manipulationsstrategien von Missbrauchstäter:innen z.B. zur Selbstrechtfertigung und Geheimnissicherung beschreiben wir hier:

    https://skeptix.org/2025/06/13/rituelle-gewalt-mind-control-die-vielen-blinden-flecke-des-dokumentarfilms-blinder-fleck/

    Und generell zu Ihrem Kommentar und Ihrem Verweis auf „Dis-obey“ noch ein Auszug aus dem aktuellen DSM-5-TR – to whom it may concern:

    „Vorgetäuschte Störung und Simulation:

    Personen, die eine Dissoziative Identitätsstörung simulieren, berichten nicht die für diese Störung charakteristischen subtilen Intrusionssymptome.

    Stattdessen tendieren sie dazu, die breit veröffentlichten Symptome der Störung zu berichten, wie etwa dissoziative Amnesie, während sie weniger bekannte komorbide Symptome, wie etwa Depression, weniger berichten. Personen, die eine Dissoziative Identitätsstörung simulieren, tendieren dazu, dadurch relativ ungestört zu sein oder es scheint sogar, als ob sie sich freuen, diese Störung zu haben.

    Im Gegensatz dazu haben Personen mit einer genuinen Dissoziativen Identitätsstörung die Tendenz, sich für ihre Symptome zu schämen oder von diesen überwältigt zu werden und ihre Symptome weniger zu berichten oder ihren Zustand zu verleugnen. Sequenzielle Beobachtung, erhärtende Informationen aus der Vorgeschichte und eine umfassende psychometrische und psychologische Untersuchung können hilfreich bei der Einschätzung sein.

    Personen, die eine Dissoziative Identitätsstörung simulieren, entwerfen gewöhnlich umschriebene, stereotype wechselnde Identitäten mit vorgetäuschter Amnesie, die auf Ereignisse bezogen sind, aus denen ein Vorteil herausgeschlagen werden soll. Zum Beispiel können sie eine „nur gute“ und „nur schlechte“ Identität zeigen, in der Hoffnung, von einem Verbrechen exkulpiert zu werden.“

  18. ich habe mir DIS-Obeys Buch angetan. Und sie lässt die Komponente „satanischer Kult“ nicht weg. Sie benennt es nicht so, aber einige Stellen lassen keine Zweifel offen, dass sie dieses Narrativ bedient (Shirt mit Pentagramm, Ritual in der man mit Satan verheiratet werden soll, oberflächliche Zitate von Crowley)

  19. Bernd Harder

    @Dagny:

    Ja, das ist genau der Punkt.

    Diese Szene tut so, als würde es überhaupt nicht um „Mind Control“ und „Satanismus“ gehen, als wäre das nur unsere Behauptung – dabei geht es permanent darum. Zu einer objektiven Auseinandersetzung mit der Realität von sexualisiertem Missbrauch ist dort nach wie vor niemand bereit – denn damit bekäme man weder Aufmerksamkeit noch Spendengelder etc.

  20. @Bernd Harder
    „Zu den Passagen, die Sie hier einkopiert haben, ist zu sagen, dass bei den zahlreichen Fällen von auch über lange Zeiträume anhaltendem, innerfamiliärem Missbrauch sich keine Hinweise darauf ergeben, dass die Betroffenen typischerweise Persönlichkeitsanteile im Sinne einer DIS entwickeln und sich dann an das Geschehene nicht erinnern würden.“

    Dazu hätte ich gern eine Quelle. Dass auch BPD eine Folge von Missbrauch sein kann ist klar. Es geht hier aber um die Dimension. Zeig mir bitte eine Quelle die für solche Fälle zeigt, dass bei solchem Missbrauch angeblich keine DIS entstehen soll: „The mean duration of incestuous abuse was 31 years (…). The average number of sexual abuse episodes was 3,320“ (Middleton)

    Zum frühen Alter des Beginns des Missbrauchs gilt, was schon Briken et al. geantwortet haben: die Angabe kann auch auf „Berichten anderer Personen oder auf der Kenntnis von z. B. Bild- oder Videomaterial“ beruhen.
    Warwick Middleton mit Huber zu vergleichen ist absurd. Huber erzählt offensichtlichen esoterischen Quatsch, während Middleton sich sehr vorsichtig ausdrückt und wie du ja selbst sagst nicht von Mind Control redet und über rituelle gewalt (selbst den Begriff mag er nicht besonders) auch kaum etwas sagt, weil es nicht sein Forschungsbereich ist. Dass Middleton aber rituelle Gewalt nicht völlig als Verschwörung abtut ist ja logisch, weil seine Forschung bei schwerem Missbrauch die Berichte der Betroffenen ritueller Gewalt stützen.

  21. Das hier…:

    @“Sven“

    … lässt mich schmunzelnd vermuten, dass @Bernd Harder bei diesem Einstieg hier…:

    Jetzt bin ich mal gespannt, ob ihr offen für neue Erkenntnisse seid.

    … so ziemlich das gleiche wie ich gedacht hat.

    Das hier…:

    Wie kommen Sie darauf, dass wir das nicht kennen?
    […] dann wundert uns allerdings nichts mehr.

    … bekommt spätestens dann eine nicht gewollte, aber amüsante Komik, wenn man sich das in einer direkten Diskussion mit einem oder – statistisch wohl wahrscheinlicher – einer offen auftretenden Dis-Darstellerin vorstellt, die auch in der Mehrzahl von sich redet.

    Dazu vielleicht noch ein königlicher Reichsbürger mit Q-Anon-Tendenzen und stolz zelebriertem Pluralis Majestatis und mir würde mein Herz für surreale Situationskomik vor Freude aus der Brust springen.

    Ich weiß, das war kein konstruktiver Kommentar, aber ich musste es dennoch mal gesagt haben.

    Darüber hinaus: Eine schöne Replik und bewundernswert, dass Bernd bei all diesen unendlichen rhetorischen Rundfahrten nicht ständig im Kreis kotzt.

  22. Bernd Harder

    @“Sven“:

    Zeig mir bitte eine Quelle die für solche Fälle zeigt, dass bei solchem Missbrauch angeblich keine DIS entstehen soll:

    Sorry, was ist das bitte für eine Frage? Die Frage ist nicht, „warum bei solchem Missbrauch keine DIS entstehen soll“ – sondern:

    Was sagt die aktuelle wissenschaftliche Forschungslage zu typischen Folgen sexuellen Kindesmissbrauchs?

    Und dafür liefert Ihr Herr Middleton gerade mal gar nichts.

    Noch einmal: Er nimmt Zeitungsberichte her, um den darin geschilderten Opfererzählungen seine Privattheorie überzustülpen, die er von einer „clinical grouping of ten women“ ableitet:

    When a clinical grouping of ten women (age range 26 to 57) who had experienced such abuse were compared to cases of incestuous abuse identified in press reports, the characteristics were largely congruent (Middleton 2013a).

    The extent of psychological, physical and sexual abuse suffered by the women described in the international press reports and recounted by the ten women …

    After 150 years of press reporting of such abuse, something resembling a tipping point has been reached.

    For example, the popular press had been reporting cases of incestuous abuse that extended into adulthood for the past one and a half centuries (Middleton 2014) before the first scientific study examining this far from rare phenomena via a representative group of such cases was finally published in recent times (Middleton 2013a).

    This allowed for an analysis of the common features of such abuse, albeit constrained by the brevity of some press accounts.

    Further examination of these reports by the author was prompted by the arrest and trial of Josef Fritzl and the proliferation of press accounts regarding examples of broadly similar abuse scenarios occurring across the globe.

    Ebenso albern ist seine permanente Bezugnahme auf Josef Fritzl. Das war ein extremer Ausnahmefall, der mitnichten dazu herangezogen werden kann, um einen sehr weit verbreiteten jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch bis ins Erwachsenenalter (bei Middleton: 31 Jahre lang) zu belegen.

    Was sagt nun die seriöse Fachliteratur zu den Folgen von innerfamiliärem sexuellem Missbrauch?

    Zum einen geht es hier um die bekannte Ambivalenz-Dynamik bei Missbrauch durch relevante Bezugspersonen:

    https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/chso.12706

    Auch hier …

    https://www.ccsenet.org/journal/index.php/ass/article/view/0/37212

    https://sotrap.psychopen.eu/index.php/sotrap/article/view/5461/5461.pdf

    … keinerlei Hinweise auf die Häufung einer DIS oder gezieltes Aufspalten und Programmieren von Persönlichkeiten oder eine Häufung der Verbindung zwischen organisierter Kriminalität bei innerfamiliärem Missbrauch.

    Zum Thema DIS und Missbrauch:

    https://econtent.hogrefe.com/doi/10.1026/0033-3042/a000663

    Doch selbst wenn eine absichtsvolle Aufspaltung einer Person als möglich unterstellt wird, ist damit noch keine „systematische Kinder-Abrichtung“ (Schramm, 2010, S. 141) erfolgt. Und es stellt sich einmal mehr die Frage, was Täter_innen tun müssten, um das zu erreichen. An einer zielgerichteten Aufspaltung der Persönlichkeit von Erwachsenen mit entsprechender Instruierbarkeit der Opfer ist die Central Intelligence Agency mit ihrem Projekt MK-ULTRA jedenfalls gescheitert (Senate Select Committee on Intelligence, 1977); hier konnte die Hypothese einer zielgerichteten Spalt- und Instruierbarkeit der Persönlichkeit nicht aufrechterhalten werden. Ebenso wenig ist die Hypothese von Interidentitätsamnesien im Rahmen einer DIS, also die Annahme, dass einzelne Identitäten getrennte Gedächtnisse hätten, experimentell nachgewiesen worden (Priebe et al., 2013).

    Oder hier:

    https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/acp.4005

    Ihr Anliegen ist offenkundig das, was die Satanic-Panic-Szene seit Jahren versucht: den Satanismus und die Mind Control irgendwie aus dem Narrativ zu entfernen, ohne es ganz aufzugeben, und stattdessen etwas Ähnliches zu konstruieren, das aber etwas plausibler klingt, so wie Sie es auch formulieren:

    Und dennoch scheinen hier im Kern sehr ähnliche psychologische Manipulationen stattzufinden, wie sie etwa Dis-obey beschreibt.

    Nein, nichts davon ist irgendwie „ähnlich“. Im Kern geht es DIS-obey und Co. nach wie vor um die gleichen Inhalte, wie die Kommentatorin @Dagny es treffend beschrieben hat. Auch in neuen Veröffentlichungen wird immer wieder Bezug auf den alten Kram genommen:

    Schröder, Nick, et al. (2020) surveyed 165 adults reporting a history of organised abuse, 88% of whom named the involvement of ideology / ritual within it.18 Of this group, 72% reported Satanic ideology

    I think Satan gets brought in because he’s very handy for terrifying small children. If I was brought up in a Hindu country, they wouldn’t use Satan, they’d use whatever their religious bad guy is.

    Oder hier.

    Also jetzt so zu tun, wie DIS-obey oder wie sie sich gerade nennt es versucht, als ob es nie um das RG-MC Konstrukt gegangen wäre, sondern immer nur um die bekannten Manipulations-Strategien bei belegtem und wissenschaftlich längst gut erforschtem sexuellem Missbrauch, funktioniert halt nicht, wenn man sich den wissenschaftlichen Erkenntnissen nach wie vor verschließt, wenn sie einem nicht passen, und stattdessen Leute wie Middleton aus dem Hut zaubert.

    Die DIS scheint eine sehr seltene Erkrankung zu sein:

    https://www.springermedizin.de/dissoziative-identitaetsstoerung/neurologie/ritueller-sexueller-missbrauch/26989672

    die eben nicht regelhaft und praktisch gesetzmäßig als Folge von langanhaltendem innerfamiliärem Missbrauch auftritt, wie Sie suggerieren wollen.

    Zum frühen Alter des Beginns des Missbrauchs gilt, was schon Briken et al. geantwortet haben: die Angabe kann auch auf „Berichten anderer Personen oder auf der Kenntnis von z. B. Bild- oder Videomaterial“ beruhen.

    Darum geht es doch gar nicht, was Briken et al. in ihrer ärmlichen Verteidigung geantwortet haben – sondern dass einzelne Elemente der RG-MC-Verschwörungstheorie auch bei Middleton genau so auftauchen – nämlich „gedächtnispsychologisch unplausible Angaben, die schon in vergangenen wissenschaftlichen Diskussionen Skepsis ausgelöst haben“.

  23. Tina Wpunkt

    Danke Bernd!

    BTW: Das sage ich als Frau, der DIS diagnostiziert wurde.

  24. @Bernd Harder
    Also, es ist offensichtlich und so verstehe ich auch Middleton, dass seine Analyse der Zeitungsberichte nur eine grobe Annäherung sein kann. Daher beziehe ich mich hier einzig und allein auf seine ausführlichere Untersuchung der zehn klinischen Fälle, insbesondere hier:
    Middleton, W. (2022). Beyond Death: Enduring Incest – The Fusion of Father with Daughter. In M. J. Dorahy, S. N. Gold, & J. A. O’Neil (Eds.). Dissociation and the Dissociative Disorders: Past, Present, Future. Routledge, pp. 223-237.

    und eben über die Patientinnen von Middleton hinausgehend dieses paper wo eine ähnliche Manipulation auf Basis der DIS dokumentiert ist (siehe Zitat oben): McMaugh, K., Roufeil, L., Salter, M., & Middleton, W. (2024). Incestuous Abuse Continuing into Adulthood

    Und noch mal: Es geht hier ja eigentlich um das Thema rituelle Gewalt, also eine extreme Form von Gewalt und Missbrauch, die oft weit bis ins Erwachsenenalter andauert. Die ist am ehesten mit den 10 schweren Missbrauchsfällen zu vergleichen, wie sie Middleton untersucht: „Penetrative sexual abuse was on average reported to have started before four years of age. The mean duration of incestuous abuse was 31 years. The average estimated number of sexual abuse episodes was 3,320 (…) Ninety percent described experiencing severe physical abuse, with 70% reporting injuries that were so severe that surgery was required.“ (Middleton 2022)

    Die ganzen verlinkten Quellen zu typischen Kennzeichen von sexuelle Missbrauch gehen völlig am Thema vorbei, weil niemand behauptet, dass bei sexuellem Missbrauch typischerweise eine DIS entstehen würde. Sondern eben nur bei extremen Formen von Missbrauch, der zudem sehr früh in der Kindheit beginnen muss. Das erklärt auch, warum MK Ultra nicht erfolgreich war. Die haben dort eben in erster Linie Experimente mit Erwachsenen gemacht.

    „die eben nicht regelhaft und praktisch gesetzmäßig als Folge von langanhaltendem innerfamiliärem Missbrauch auftritt, wie Sie suggerieren wollen.“

    Der der Punkt ist doch, dass solche schweren Formen von jahrelangem sexuellen Missbrauch bis ins Erwachsenenalter eben glücklicherweise relativ selten sind. Die These ist, dass es in sehr schweren (!) Fällen sehr oft zu einer DIS kommt und auch häufig zu einer gezielten Manipulation der Persönlichkeitsanteile. Da diese sehr schweren Fälle aber relativ selten sind, ist eben auch die DIS relativ selten.

  25. Bernd Harder

    @“Sven“:

    Die These ist, dass es in sehr schweren (!) Fällen sehr oft zu einer DIS kommt und auch häufig

    Über die Häufigkeit macht Middleton doch gar keine Angaben. Er schreibt:

    Yet an analysis of a series of 62 individuals with Dissociative Identity Disorder (Middleton&Butler) revealed 13 % who reported ongoing incestuous abuse extending beyond their 18th birthday.

    Das heißt, er hat Patientinnen, von denen er glaubt, dass sie eine DIS haben, und schaut dann, ob diese über einen langen Zeitraum sexuell missbraucht wurden. Dabei kommt er auf 8 von 62.

    Das ist

    1.) nicht „sehr oft“

    2. keine Aussage darüber, wie oft fortdauernder sexueller Missbrauch zu einer DIS führt, da er gar nicht weiß, ob das Missbrauchsgeschehen wirklich kausal zur DIS geführt hat.

    Und bei diesen zehn Fällen war es genauso:

    All fulfilled diagnostic criteria for dissociative identity disorder (DID).

    Und alle zehn „had experienced such abuse“.

    Wo ist der Beleg eines direkten Zusammenhangs zwischen „abuse“ und „DIS“? Und selbst wenn es diesen gibt, dann ist doch die geringe Zahl (bleiben wir z.B. bei den 8 von 62) eher ein Beleg dafür, dass es eben nicht möglich ist, eine DIS gezielt hervorzurufen und Menschen darüber zu kontrollieren – was ja das eigentliche Thema ist, und nicht, ob es die DIS gibt und wie oft.

    und auch häufig zu einer gezielten Manipulation der Persönlichkeitsanteile.

    Es steht Ihnen ja frei, weiterhin an diesem widerlegten Narrativ festzuhalten – hat halt nur nichts mit dem aktuellen Forschungsstand zu tun.

    Und glauben Sie ernsthaft, dass Herr Middleton der einzige Therapeut auf der Welt ist, der mit „schweren Missbrauchsfällen“ zu tun hat? Das gilt z.B. für Herrn Urbaniok genauso, der all das eben nicht bestätigen kann.

    und eben über die Patientinnen von Middleton hinausgehend dieses paper wo eine ähnliche Manipulation auf Basis der DIS dokumentiert ist (siehe Zitat oben): McMaugh, K., Roufeil, L., Salter, M., & Middleton, W. (2024). Incestuous Abuse Continuing into Adulthood

    Ah – „This article draws on interviews with ten Australian therapists about their clinical work with clients subject to incestuous abuse continuing into adulthood.“

    Also wieder die Briken-Methode: eine Befragung von Therapeuten ohne objektive Überprüfung. Sehr schön.

  26. @Bernd Harder:

    Die These ist nicht, alle die von DIS betroffen sind, hätten sehr schweren Missbrauch bis ins Erwachsenenalter erlebt. Aber jene, die sehr schweren Missbrauch bis ins Erwachsenenalter erlebt haben, bilden eben sehr häufig eine DIS aus. Irgendwo sagt Middleton das auch, finde nur die Stelle gerade nicht. Ist aber auch egal, weil es nun mal auffällig ist, dass auch bei der Befragung von McMaugh et al. gilt: „The 10 therapists had seen 19 cases. (…) Therapists reported that the clients were highly dissociative and almost all were diagnosed with DID.“ (McMaugh)

    „Wo ist der Beleg eines direkten Zusammenhangs zwischen „abuse“ und „DIS“?“
    Wenn in fast allen Fällen, die man genauer untersucht hat, eine enge Korrelation zwischen Extreme Abuse und DIS festzustellen ist, liegt der Schluss nun mal auf der Hand, dass hier ein Zusammenhang vorliegt. Was soll denn bitte sonst die DIS verursacht haben? Das ist nun mal die heftigste Traumafolgenstörung.
    Bessere und mehr Studien sind immer gut, aber man muss damit arbeiten, was man hat. Falls du bessere findest, her damit. Von Herrn Urbaniok kenne ich dazu keine. Und die bisherigen Studien, sprechen nun mal stark dafür, dass die Berichte von ritueller Gewalt im Kern plausibel sind, wenn genau die gleiche Manipulation von Persönlichkeitsanteilen auch in solchen Fällen von extremen Missbrauch außerhalb von ritueller Gewalt festzustellen sind.

    Auch interessant ist dieses Paper und besonders dieser Fall:
    „Forty-year-old Paula had told me, at the start of her therapy that she had lost all contact with her abusive family over 20 years ago that no family member knew where she now lived and that her last visit to her mother’s home was at her 16th birthday party. However, after a few months of therapy it transpired that while Paula, who initiated the therapy, was indeed estranged from her family, many of her alters were visiting home regularly, some spoke to her mother on the phone every day, and the family was certainly aware of her phone number and home address. Furthermore, specific alters were responsible for telling her mother everything that had been said in therapy, which explained how her mother knew when to punish Paula for telling the family secrets. After years in which Paula believed that the family had magic powers, she realized that their accurate knowledge of her whereabouts had always been facilitated by her own alters. She also realized that the many injuries on her body, including pregnancies and abortions, corresponded with family holiday gatherings.“
    Sachs, A. (2017). Through the lens of attachment relationship: Stable DID, active DID and other trauma-based mental disorders. Journal of Trauma & Dissociation, 18(3), 319–339.

    Das bestätigt auch wieder die Amnesie der Persönlichkeitsanteile untereinander und macht deutlich, wie anfällig DIS Betroffene für anhaltenden Missbrauch sein können.

  27. Bernd Harder

    @“Sven“:

    Aber jene, die sehr schweren Missbrauch bis ins Erwachsenenalter erlebt haben, bilden eben sehr häufig eine DIS aus.

    Ich wiederhole es gerne nochmal:

    Selbst wenn es diesen Zusammenhang geben sollte, dann ist doch die geringe Zahl (bleiben wir z.B. bei den 8 von 62) eher ein Beleg dafür, dass es eben nicht möglich ist, eine DIS gezielt hervorzurufen und Menschen darüber zu kontrollieren – was unser eigentliches Thema ist, und nicht, ob es die DIS gibt und wie oft und warum:

    Die Störung ist viel zu komplex und auch individuell, als dass sie gezielt induziert werden könnte, erst recht nicht bei Kleinkindern oder gar Säuglingen. Dass man so etwas annehmen kann, entspringt meiner Meinung nach einem naiven Irrglauben. Es gibt jedenfalls keinerlei Belege oder Beweise, dass so etwas möglich ist.

    Oder:

    Für die […] vertretene Auffassung einer gezielten Herbeiführung dissoziativer Identitäten (oder Zustände), die zudem für die Urheber_innen steuerbar bleiben würden, gibt es unseres Wissens in der Forschungsliteratur weder eine überzeugende Theorie noch belastbare empirische Belege.

    Sie schreiben:

    Und die bisherigen Studien, sprechen nun mal stark dafür, dass die Berichte von ritueller Gewalt im Kern plausibel sind, wenn genau die gleiche Manipulation von Persönlichkeitsanteilen auch in solchen Fällen von extremen Missbrauch außerhalb von ritueller Gewalt festzustellen sind.

    Nein, weil eine mögliche Korrelation zwischen sexuellem Missbrauch und DIS absolut nichts aussagt über eine gezielte Aufspaltung und die „Manipulation von Persönlichkeitsanteilen“.

    Sie argumentieren, stark vereinfacht: Weil es Hubschrauber gibt, muss es auch Ufos geben.

    Das bestätigt auch wieder die Amnesie der Persönlichkeitsanteile untereinander

    Gerne noch einmal:

    Ebenso wenig ist die Hypothese von Interidentitätsamnesien im Rahmen einer DIS, also die Annahme, dass einzelne Identitäten getrennte Gedächtnisse hätten, experimentell nachgewiesen worden (Priebe et al., 2013).

    Sie schreiben:

    und macht deutlich, wie anfällig DIS Betroffene für anhaltenden Missbrauch sein können.

    Es ist genau umgekehrt:

    Damit ist die DIS prädestiniert, als Eintrittspforte für die therapeutische Induzierung von „false memories“ zu dienen.

    Aus Ihrem Link:

    Forty-year-old Paula had told me

    Das kann „Paula“ ja gerne tun – ohne objektive Überprüfung des Falls über bloße Erzählungen hinaus sagt das halt nichts aus.

    Noch einmal:

    Herrn Middletons Argumentation geht an der Gesamtforschungslage zum Thema innerfamiliärer Missbrauch komplett vorbei.

    Beispiel ist seine Behauptung zum Thema der vermeintlichen Durchschnittsdauer von innerfamiliärem Missbrauch. Oder seine Behauptung, dieser sei typischerweise mit organisiertem Missbrauch assoziiert. Und zufällig hat er zehn Patientinnen, die alle seine Thesen zu bestätigen scheinen, während im Gesamtbild der Forschung zu diesem Thema seine Thesen keine Rolle spielen = Bestätigungsfehler

  28. Tina Wpunkt

    Deine Behauptungen, Sven, sind ein Hohn für alle Opfer sexuellen Missbrauchs und Gewalt.

    Hast du dich überhaupt einmal ernsthaft kritisch, unter wissenschaftlichen Aspekten, mit der (historischen) Entstehungsgeschichte der MPS/DIS beschäftigt? Oder wie die Diagnose im Zusammenhang mit „satanischen rituellen Missbrauch“/RG-MC überhaupt erst entstanden ist? Ergebnisoffen?

    Dazu gehört weitaus mehr, als sich einseitig und ausschließlich mit Bekannten Namen aus der SZENE zu beschäftigten.

    Sven: „Das erklärt auch, warum MK Ultra nicht erfolgreich war. Die haben dort eben in erster Linie Experimente mit Erwachsenen gemacht.“

    Bitte setze dich mit MK Ultra kritisch und ergebnisoffen auseinander.

    Es gibt btw KEINEN seriösen wissenschaftlichen Nachweis für die Behauptung, die DIS entstünde ausschließlich durch schweren sexuellen Missbrauch oder durch „Programmierung“.

    Und was mir nochmal ganz wichtig ist, weil es immer wieder vorgeworfen wird: Es geht nicht im entferntesten darum, man wolle/könne sich diese „Grausamkeiten“ bloß nicht vorstellen oder man verschließe die Augen, weil man es nicht wahrhaben wolle.

    Dieser Vorwurf ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten.

  29. Tina Wpunkt

    „Bessere und mehr Studien sind immer gut, aber man muss damit arbeiten, was man hat. Falls du bessere findest, her damit.“

    Sorry falls es dich persönlich angreifen sollte Sven, aber bei dir erkenne ich kein ausreichendes Wissen über Forschungsmethoden und Statistik.

    „Und die bisherigen Studien, sprechen nun mal stark dafür, dass die Berichte von ritueller Gewalt im Kern plausibel sind, wenn genau die gleiche Manipulation von Persönlichkeitsanteilen auch in solchen Fällen von extremen Missbrauch außerhalb von ritueller Gewalt festzustellen sind.„

    Das ist halt mitnichten der Fall.

  30. @Bernd Harder: „Selbst wenn es diesen Zusammenhang geben sollte, dann ist doch die geringe Zahl (bleiben wir z.B. bei den 8 von 62) eher ein Beleg dafür, dass es eben nicht möglich ist, eine DIS gezielt hervorzurufen und Menschen darüber zu kontrollieren “

    8 von 62 bezog sich ja auf die Anzahl von DIS Betroffenen, die von andauernden Missbrauch betroffen waren. Das ganze Zitat: „In reporting on a series of 62 patients seen in Brisbane, each of whom fulfilled diagnostic criteria for DID, Middleton and Butler (1998) included the finding that 13% of this group reported the continuation of incestuous/physical abuse beyond the time of presentation (as an adult; i.e., beyond their 18th birthday).“ (Middleton 2013, p.258)
    Von den 62 gilt: „Eight-seven per cent of patients reported being sexually abused as children“ (Middleton and Butler (1998)
    Wieso soll das dagegen sprechen, dass man eine DIS gezielt hervorrufen und Menschen darüber kontrollieren kann?

    Hier btw. das Zitat was ich gesucht hatte:
    „Clinically speaking one does not generally see dissociative individuals with a history of long-term incestuous abuse extending into the adult years who do not fulfill full diagnostic criteria for DID.“ (Middleton 2013, p.259)

    „Ebenso wenig ist die Hypothese von Interidentitätsamnesien im Rahmen einer DIS, also die Annahme, dass einzelne Identitäten getrennte Gedächtnisse hätten, experimentell nachgewiesen worden (Priebe et al., 2013).“
    Ich weiß zwar nicht, worauf sich das genau in Priebe et al., 2013 bezieht, aber darin lese ich zum Beispiel folgendes: „Durch regelmäßige Achtsamkeitsübungen üben Patienten, ihren gegenwärtigen Gefühlszustand zu erkennen. Zudem wird eine Beobachterperspektive geschult, die nicht selten der erste Schritt in Richtung auf eine Integration ist. Patienten berichten als Fortschritt häufig, dass sie nun keine vollständige Amnesie für einen Persönlichkeitsanteil mehr hätten, sondern das Handeln und Denken dieses Anteils beobachten können. Das Beobachten ermöglicht, dass Patienten nach und nach auch Kontrolle über die entsprechenden Verhaltensweisen übernehmen können, sich also bewusster dafür entscheiden können, ob sie dem Handlungsimpuls dieses Anteils folgen wollen.“ (Priebe et al., 2013)

    Es mag ja sein, dass man, das noch nicht „experimentell nachgewiesen“ hat, aber offensichtlich gibt es so viele Berichte aus der Praxis, dass man davon ausgeht, dass Amnesien natürlich ein Teil der DIS sind. So ja auch in DSM-5 und ICD-11 festgehalten. Und es ist ein fester Bestandteil der Therapien, diese Amnesien zu überwinden.

    Ich frag mich wirklich, warum es so unvorstellbar sein soll, dass man gezielt eine DIS erzeugen kann. Was soll denn sonst passieren, wenn man einem kleinen Kind nur genug Gewalt antut? Es muss ja nicht mal bei jedem Kind eine DIS entstehen, es reicht ja, wenn häufig eine entsteht. Und wenn wie bei Middleton und McMaugh et al. dokumentiert, selbst Täter, die höchstwahrscheinlich kein spezielles Wissen über Trauma haben, es hinbekommen, diese Persönlichkeitsanteile zu manipulieren (die Zitate habe ich geliefert), dann können das organisierte, rituelle Gruppen erst recht. Es ist ja auch wirklich kein Hexenwerk, sondern es sind die bekannten Manipulationsmechanismen bei Missbrauch, nur eben unter den Bedingungen einer DIS.

    „Das kann „Paula“ ja gerne tun – ohne objektive Überprüfung des Falls über bloße Erzählungen hinaus sagt das halt nichts aus.“
    Natürlich sagt das etwas aus, auch wenn eine objektive Überprüfung besser wäre. Sind alles Indizien, die sich zu einem Gesamtbild verdichten. Middleton hat bei seinen Patientinnen auch vieles überprüfen können.

    und again: die Gesamtforschungslage zu Missbrauch ist hier ziemlich irrelevant, weil es um eine kleine Unterkategorie von extremem Missbrauch geht, der nun mal krassere Folgen hat. Und zu dieser Unterkategorie gibt es nicht viel Forschung jenseits der genannten Studien.

  31. Bernd Harder

    @“Sven“:

    die Gesamtforschungslage zu Missbrauch ist hier ziemlich irrelevant, weil es um eine kleine Unterkategorie von extremem Missbrauch geht,

    … den niemand auf der ganzen Welt auf dem Schirm hat, außer Herr Middleton – ja ne, is klar.

    Sogar die Aussagepsychologie berücksichtigt selbstverständlich auch „schwerste Traumatisierungen infolge sexualisierter, organisierter und/oder ritueller Gewalterfahrungen“.

    Ich frag mich wirklich, warum es so unvorstellbar sein soll, dass man gezielt eine DIS erzeugen kann.

    Das brauchen Sie sich nicht zu fragen – das können Sie in der Forschung nachlesen, die Sie offenbar ausblenden, wenn nicht „Middleton“ drüber- oder drunter steht.

    Zum Beispiel:

    Daneben gibt es aber offenbar auch Aussagen über massive Gewalt- und Sexualdelikte durch Täter*innenorganisationen, die bei Betroffenen angeblich eine Aufspaltung der Persönlichkeit ausgelöst haben, um diese umfassend und langfristig in ihrem Verhalten kontrollieren zu können; entsprechende Angaben sind nicht nur nicht belegt, sondern oft mit kriminalistischen Erkenntnissen kaum in Einklang zu bringen.

    Oder:

    Zudem ergeben sich erhebliche begründete Zweifel an den darin getätigten Aussagen über psychologisch unplausible Phänomene wie Mind Control, Verdrängung und Wiedererinnern von traumatischen Erfahrungen oder die zielgerichtete Aufspaltung der Persönlichkeit.

    Sie schreiben:

    sondern es sind die bekannten Manipulationsmechanismen bei Missbrauch

    Auch das haben wir bereits mehrfach erklärt, dass die „bekannten Manipulationstechniken“ eben rein gar nichts mit einer absichtsvoll erzeugten DIS und einer gezielten Steuerung von Persönlichkeitsanteilen zu tun haben.

    Da Sie jetzt selbst mit „und again“ ankommen und ich meinerseits maximal dreimal das Gleiche erkläre, und bereits in den letzten Kommentaren mehrfach „Gerne noch einmal“ geschrieben habe, gehe ich davon aus, dass alles gesagt ist.

    Nachdem Sie anfänglich so getan haben, als würde es Ihnen lediglich um „sehr ähnliche psychologische Manipulationen“ gehen, „wie sie etwa Dis-obey beschreibt“, wird in jedem Ihrer weiteren Kommentare deutlicher, dass Sie nichts anderes als absichtsvoll erzeugte DIS und Mind Control über die gezielte Steuerung von Persönlichkeitsanteilen meinen – also genau das klassische RG-MC-Narrativ.

    Dazu ist hier und anderswo längst alles gesagt, und keine Ihrer Ausführungen liefert dazu „neue Erkenntnisse“:

    https://skeptix.org/2025/09/09/pseudowissenschaftlich-und-spekulativ-mind-control-durch-satanisch-rituelle-paedophilie/

  32. Hamburger Kriminalpolizei und der Fall „White Tiger“

    https://www.dgtd.de/aktuelles/966-hamburger-kriminalpolizei-und-der-fall-white-tiger

    Die verweisen auf das Video von den Niriks(?).

  33. Bernd Harder

    @Sebastian:

    Ah, nicht die Polizei verweist auf die Lyriks, sondern die DGTD – gut, das ist nur ein weiterer Beleg für deren Verstrickungen in die RG-MC-Szene.

  34. @Bernd Harder

    Ja, damit meinte ich lediglich die Überschrift des Artikels. Ich überlege fürs nächste Mal es irgendwie gesondert zu Kennzeichen. Oder gibt es irgendwelche Formatierungsregeln für den Kommentarbereich?

  35. @Bernd Harder

    „… das ist nur ein weiterer Beleg für deren Verstrickungen in die RG-MC-Szene.“

    Ja, leider nichts Neues von der DGTD.

    Man scheint nicht einmal mehr den Anschein einer seriösen Fachgesellschaft erwecken zu wollen, wenn solche Empfehlungen gegeben werden. Ist das Verzweiflung, völlige Verblendung oder unkritische Solidarisierung mit allen, die Skeptiker als „den Feind“ betrachten?

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