„Macher-Ich statt Scientology“: Für Florian Schroeder haben Life-Coaches die Sekten abgelöst

(Lesedauer ca. 4 Minuten)

Opfer haben Gefühle, Sieger haben Gedanken – und ändern erst sich und dann die ganze Welt.

Typisches, sinnfreies Coaching-Geblubber – das beinahe echt sein könnte.

Der Satz stammt aus dem neuen Bühnenprogramm „Endlich glücklich“ von Florian Schroeder:

https://www.zdf.de/play/shows/3sat-festival-102/florian-schroeder-2025-3satfestival-100

Tour und Buch („Happy End“) drehen sich unter anderem um das Thema „Coaching“. Zur Recherche buchte der Kabarettist für 5000 Euro ein Life-Coaching-Seminar bei Damian Richter: die „Destiny Masterclass“, was sich schließlich wie „eine Mischung aus Ku-Klux-Klux-Klan und Scientology“ anfühlte.

In der Zeit (54/2025) berichtet Schroeder von seinen Erfahrungen. Die Psychotricks des selbst ernannten „Lifecoaches für Dein außergewöhnliches Leben“ begannen schon bei der Anmeldung:

Zunächst hatten mir Richters Mitarbeiter vermittelt, dass ich wohl keinen Platz bekommen werde. Zu viele Bewerber. Im zweiten Gespräch war ich plötzlich der perfekte Kandidat fürs Coaching. Erst Verknappung, dann Auserwähltsein. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie ich zahlen sollte.

https://www.facebook.com/watch/?v=1380510167130159

Die perfide Manipulationsstrategie gipfelt im Umgang mit einer 53 Jahre alten Frau, die auf offener Bühne preisgibt, sexuellen Missbrauch erlebt zu haben:

Das Schicksal der Frau wird kleingeredet, der Täter zum „Miststück“ verharmlost, aus einem erlebten Trauma soll sogleich Wachstum werden. Dass die Taten die Frau noch immer beeinflussen, liege an ihr. Missbrauch ist für den Coach also am Ende nur emotionaler Muskelkater.

Schon am zweiten Tag kommt Schroeder sich vor wie in einer Sekte: „Macher-Ich statt Scientology“:

Das Coaching wird nun immer mehr zur Freakshow.

Wer jetzt in einer der zahlreichen Pausen draußen im Vorraum an den Ständen bei den Junior-Coaches einen Vertrag für ein weiteres Coaching unterschreibt, darf in den Saal laufen, wo eine große Glocke befestigt ist.

Der Käufer zieht an ihr, die Show stoppt, der Saal blitzt und blinkt, es gibt Riesenapplaus, Getröte, Getanze und Geschrei, und der Teilnehmer darf zu Richter auf die Bühne stürmen, um dort zu sagen, welches Coaching er gerade gekauft hat.

Es ist nichts anderes als die Pawlowsche Glocke: billiges Reiz-Reaktions-Schema […] Es gibt Leute, die verkaufen Haus und Hof, um in der Coaching-Hierarchie immer weiter aufzusteigen.

Autor und Kabarettist Florian Schroeder (M.)

Am Ende stellt Schroeder fest:

Die Masterclass hilft offenbar gar nicht wirklich, man muss noch mal und noch mal kommen. Denn genau das ist das Prinzip.

Eine kurze Zusammenfassung (mit Filmmaterial) gibt Schroeder hier:

https://www.youtube.com/watch?v=qXtyvBBO6Jk

Die Termine der neuen Bühnenshow „Endlich glücklich“ finden sich auf der Homepage.

Es klingt krass, aber es stimmt: Life-Coaches haben die Sekten abgelöst,

schreibt Schroeder in der Zeit.

Genau so hatten wir es im April beim WTF-Talk formuliert.

Zum Weiterlesen:

Titelfoto: 3sat

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