King Charles III und Queen Camilla auf dem Thron

Wenn Unwissenschaftlichkeit den Thron besteigt – King Charles III und die Homöopathie

Am 6. Mai 2023, knapp 8 Monate nach dem Tod von Queen Elizabeth II, wurde ihr Sohn King Charles III feierlich gekrönt. Der britische Monarch, bis dahin bekannt als Prince of Wales, hat schon immer die Öffentlichkeit, die seine royale Herkunft mit sich bringt, genutzt, um sich für verschiedene Projekte stark zu machen. Insbesondere Umweltschutz und Nachhaltigkeit waren ihm immer ein Anliegen. Allerdings ist er nicht nur für dieses Engagement, sondern auch für seine problematische und nicht weniger öffentlichkeitswirksame Unterstützung von Homöopathie und „Alternativmedizin“ bekannt. Charles war und ist ein prominenter Befürworter der Homöopathie – einer pseudowissenschaftlichen Praxis, deren Wirkung nachweislich nicht über den Placeboeffekt hinausgeht. Auch wenn sein Auftreten weniger problematisch wirken mag, als das von Figuren wie Robert F. Kennedy Junior, hat es doch Folgen.

Ein Monarch als Fürsprecher der Homöopathie

Seit 5 Jahren ist Charles Patron der Faculty of Homeopathy. Es ist keine Seltenheit, dass Teile der Royal Family als Werbeträger für Universitäten oder Forschungsinstitute in Erscheinung treten. Der Name und das Logo der Faculty of Homeopathy suggerieren auch, dass es sich hier um eine seriöse, bestenfalls universitäre Einrichtung handelt, die die Prinzipien der Homöopathie wissenschaftlich untersucht. Damit kann man ja als wissenschaftlich orientierter Mensch kein Problem haben, oder? Absolut nicht. Wenn die Faculty denn wäre, was sie vorgibt zu sein. Auf den zweiten Blick wird klar, dass es sich um eine universitätsferne Organisation handelt, die sich für die Verbreitung und Anwendung homöopathischer Praktiken einsetzt, die Homöopath:innen ausbildet und ihre Verfahren zertifiziert und bewirbt. Vor diesem Hintergrund wird das vermeintliche Engagement für medizinische Forschung zur unreflektierten Werbung für unwissenschaftlichen Unfug. Dass Charles III der Faculty als Aushängeschild dient und ihr so Reichweite und Glaubwürdigkeit verleiht, sollte man nicht ignorieren.

Auch wenn die Zustimmung zur Monarchie gerade bei jüngeren Brit:innen nachzulassen scheint, spielt die Royal Family im Vereinigten Königreich nach wie vor eine bedeutende Rolle. Die Royals erfüllen symbolische und zeremonielle Funktionen und vertreten die Nation weltweit, insbesondere der König tritt daher trotz limitierter politischer Macht als wichtige Figur auf. Das bezeugt nicht zuletzt die prunkvolle Krönungszeremonie, mit der Charles im letzten Jahr, umringt von Kameras der internationalen Presse, den Thron bestieg. Es ist also wenig überraschend, dass Charles’ Standpunkte die Meinung der breiten Öffentlichkeit beeinflussen können.

Sein Einsatz für Homöopathie und andere „Alternativmedizin“ beschränkt sich aber nicht auf solche symbolischen Schritte. 2015 wurden Briefe öffentlich, die Charles in den Jahren davor an führende britische Politiker:innen schrieb, um deren Entscheidungen zu beeinflussen – die sogenannten „Black Spider Memos“. Durch sie kam ans Licht, dass er unter anderem Versuche unternommen hatte, der Homöopathie eine wichtigere Stellung innerhalb des britischen National Health Service (NHS) zu verschaffen. In diesem Rahmen setzte er sich gegen Budgetkürzungen für alternative Heilmethoden ein – zum Glück ohne Erfolg. 2018 wurden Richtlinien erlassen, die unter anderem die Finanzierung für homöopathische Behandlungen im Rahmen des NHS reduzieren und es dem ohnehin finanziell schwer belasteten System erlauben, jährlich knapp £141 Millionen an Kosten einzusparen. Auch anderen „alternativmedizinischen“ Mitteln wie Akkupunktur und Osteopathie versuchte Charles so zu finanzieller Unterstützung und zu mehr Ansehen zu verhelfen.

2023 setzte Charles seinem Engagement die sprichwörtliche Krone auf: Er ernannte Dr. Michael Dixon, einen Geistheiler und Homöopathen, zum Head of the Royal Medical Household, dessen Funktion es ist, für die medizinische Versorgung des Königs und seiner Familie zu sorgen und ein dazu vorgesehenes Team von Ärzten zu leiten. 

Auch wenn Charles in seiner Rolle als König seine Meinungen nicht weiter so publik zur Schau stellen kann, wie er es als Prince of Wales konnte, nicht zuletzt um die Fußstapfen seiner für ihre Neutralität bekannten Mutter zu füllen, ist sein Einfluss auf die öffentliche Meinung nicht zu unterschätzen.

Charles‘ Krebsdiagnose: Eine verpasste Chance?

Im Zuge seiner Anfang diesen Jahres bekannt gewordenen Krebsdiagnose rückte Charles’ Haltung zur Medizin erneut in den Fokus.

Während unklar bleibt, ob er in seiner Krebstherapie (auch) auf homöopathische Mittel setzt, wurde Homöopathie in den offiziellen Stellungnahmen zu seiner Behandlung nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Zur Art und zum Ort der Behandlung sind kaum Informationen zu finden. Diese mangelnde Transparenz ist in Bezug auf seine Privatsphäre und Sicherheit zwar wenig überraschend, aber deswegen noch lange nicht unproblematisch. Besonders brisant wird das Schweigen, da gerade in der Krebsmedizin evidenzbasierte Therapien wie Chemotherapien oder Bestrahlungen entscheidend für die Erfolgschancen für Patient:innen sind, während Homöopathie hier keinerlei relevante Wirkung zeigt und so zum tödlichen Fehler werden kann. Im April waren Charles und seine Frau Camilla zwar im Krebszentrum des Londoner University College Hospitals zu Gast, ob er dort behandelt wurde, bleibt aber unklar.

Hätte das Königshaus angesichts der ernsten Diagnose öffentlich Stellung bezogen und klar gemacht, dass der König, der zum Werbegesicht für alternative Heilungsmethoden geworden ist, in dieser Situation auf evidenzbasierte Medizin zurückgegriffen hat, hätte viel Schaden abgewandt werden können. So bleiben viel Ungewissheit, Raum für Spekulation und eine vertane Chance.

Mehr dazu bei den „Quarks Science Cops“

Falls ihr euch weiter mit Charles‘ Verstrickungen in die Welt der Homöopathie und der „Alternativmedizin“ beschäftigen wollt, empfehlen wir das Video “Der Fall Charles” von den Quarks Science Cops. Hier besprechen sie mit Edzard Ernst, wie die königliche Unterstützung pseudowissenschaftlicher Methoden die Wahrnehmung von Homöopathie beeinflusst – und welche Gefahren damit verbunden sind. Die Science Cops stellen ihr Material auch auf ihrer Website und auf verschiedenen Podcast-Plattformen zur Verfügung, falls ihr lieber Podcasts auf den Ohren habt.

Beitragsbild: Copyright House of Lords 2024 / Photography by Roger Harris ©