„Verbotene“ Zauberbücher vom magischen Werkzeug zur okkulten Massenware

(Lesedauer ca. 3 Minuten)

Nun sollte aber in demselben Hause auch das 6. und 7. Buch Mosis zu finden sein, ein Zauberbuch, von dem man glaubt, daß dem, der es zu lesen verstehe, alle Schätze der Welt, der Stein der Weisen etc. zu Theil würden.

Man wußte aber auch, daß wer es unrecht damit anfängt, unglücklich dabei wird, deshalb hielt man den Besitz desselben durchaus für kein Glück, man fürchtete im Gegentheil, daß es dem Dorfe Unglück bringe.

So geht die Sage um einen „armen Schneider, der darum nachsuchte, das Buch ansehen zu dürfen“, dem es der Besitzer aber „durchaus nicht gestatten“ wollte:

Endlich gab er ihm aber doch eine Laterne und ließ ihn in den Keller, wo das Buch sich befand, hinabsteigen. Unser Schneider nahm dort Platz auf einem Lehnstuhle und begann sogleich zu lesen.

Aber es rauschte und sauste um ihn ganz greulich herum; aus dem Buche stoben Eulen und Raben heraus, und Geisteraugen blickten ihn dabei aus allen Ecken an.

Das legendäre „Sechste und siebente Buch Mosis“ gehört zu den sogenannten Grimoires – Zauberbücher, die

… nichts Geringeres versprachen als den Zugriff auf die unsichtbaren Kräfte der Welt, sei es für Heilung, Einfluss, Liebe oder Macht,

erklären die beiden Historiker Richard Hemmer und Daniel Meßner in ihrem Podcast Geschichten aus der Geschichte:

https://www.geschichte.fm/archiv/gag498/

Das Grimoire ist also weit mehr als ein Zauberbuch. Es ist ein Spiegel unserer Sehnsüchte nach Einfluss, nach Ordnung im Chaos, nach Kontrolle über das scheinbar Unsichtbare.

Und es ist ausnehmend wandlungsfähig: Aus den Manuskripten der Mönche wurde eine okkulte Massenware, aus einem magischen Werkzeug eine literarische Ikone.

Frei verfügbar ist auch die Doktorarbeit des Augsburger Volkskundlers Dr. Stephan Bachter zu diesem Thema:

Anleitung zum Aberglauben: Zauberbücher und die Verbreitung magischen „Wissens“ seit dem 18. Jahrhundert

https://www.arte.tv/de/videos/120474-000-A/giacomo-casanova/

Am 5. Juni spricht Bachter in Dillingen über die „Magie im 18. Jahrhundert – von Volksmedizin bis Dämonenbeschwörung“, basierend auf den Lebenserinnerungen von Giacomo Casanova.

Quellen:

Titelfoto: Wikipedia

Kommentare

4 Antworten zu „„Verbotene“ Zauberbücher vom magischen Werkzeug zur okkulten Massenware“

  1. Bluesmaker

    Das weckt bei mir bizarre Kindheitserinnerungen.

    Meine Großmutter, Jahrgang 1932, hat oft erzählt, dass es in ihrem Elternhaus das 6. und 7. Buch Mosis gab, es ihr aber verboten war, darin zu lesen.

    Als sie es aus kindlicher Neugier doch tat und dabei erwischt wurde, wurde sie von ihrer Mutter aufgefordert, das Gelesene rückwärts zu lesen – quasi um es Ungeschehen zu machen und irgendein nicht näher beschriebenes Unheil abzuwenden, das angeblich durch das Lesen drohte.

  2. Henning Christiansen

    Dieses Buch war wohl bis in die 50er Jahre ein viel gekauftes Machwerk.

    1956 hat mein Großvater versucht, juristisch gegen den Verlag vorzugehen und in erster Instanz recht bekommen, in zweiter Instanz jedoch verloren. Unterstützung bekam er vom renommierten Gerichtsmediziner Otto Prokop als Gutachter, der nach Übersiedlung in die DDR nicht mehr an den Prozessen teilnehmen konnte.

    Mein Großvater sah in dem Buch „ein Handbuch für Kurpfuscher, eine Aufforderung zur Tierquälerei“ (und es) „trägt noch heute dazu bei, daß in ländlichen Gegenden Menschen, vor allem Frauen, der Hexerei verdächtigt und womöglich verfolgt werden“.

    Der Kampf gegen den „neuzeitlichen Hexenwahn“ war für meinen Großvater eine Lebensaufgabe.

  3. Bernd Harder

    @Henning Christiansen:

    Ich nehme an, das ist Ihr Großvater:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Kruse_(Hexenforscher)

  4. Henning Christiansen

    Jepp.

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