Was haben zum Beispiel Bücher von Clemens Arvay, Impf-„Ratgeber“ von Martin Hirte und David Sieveking oder Verschwörungsschwarten wie „verheimlicht – vertuscht – vergessen“ aus dem Kopp-Verlag in einer städtisch finanzierten Bücherei verloren?
Schade um jeden Cent vom kostbaren Jahresetat, der für diese ansonsten so vielbeklagte Desinformation rausgeworfen wird, sollte man meinen. Anscheinend spielen dabei „Leserwünsche“ eine große Rolle, wie auf verschiedenen Bibliotheks-Webseiten zu lesen steht. Die ehemalige Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv), Barbara Schleihagen, erklärte dazu vor drei Jahren:
„Die Grundlage von Bibliotheken ist die Meinungs- und Informationsfreiheit. Wir haben zum Beispiel Bücher von Impfgegnern genauso im Bestand wie Werke von Impfbefürwortern, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann“, betont Schleihagen. Dabei entscheide jede Bibliothek grundsätzlich für sich, wie sie ihren Bestand aufbaue.
Neben finanziellen Vorgaben spielt demnach auch der Standort und die Nachfrage eine Rolle, welche Bücher angeschafft werden. „Da muss man immer wieder abwägen.
Bleibt aber trotzdem die Frage, welche „Meinung“ ein Autor heranbilden will, der etwa behauptet, die Zerstörung Hiroshimas im August 1945 sei nicht durch eine Atombombe verursacht worden, und die bemannte Mondlandung habe auch nicht stattgefunden. Das ist „so ziemlich das Letzte, was die Informationsgesellschaft braucht“, wie der DLF-Nachrichtenchef Marco Bertolaso sagt.

Das sah offenbar auch die Stadtbücherei Münster so und versah zwei Bücher mit dem Hinweis:
Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt.
Einer der beiden Autoren, Gerhard Wisnewski, forderte daraufhin die Entfernung und zukünftige Unterlassung dieser Negativempfehlung.
Ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht Münster entschied,
… es sei der Stadtbücherei grundlegend gestattet, zu den zur Ausleihe bereitgestellten Werken inhaltlich Stellung zu nehmen,
berichtet Legal Tribune Online.
Dies gelte in positiver Hinsicht beispielsweise in Form von Empfehlungen sowie in negativer Hinsicht durch kritische Hinweise.
Es wäre mit dem gesetzlichen Auftrag nicht vereinbar, so das VG weiter, „eine öffentliche Bibliothek darauf zu beschränken, Medien allein passiv zur Ausleihe bereit zu stellen“ […]
Ein Autor, der historische Fakten leugne, müsse aushalten, dass sich öffentliche Bibliotheken im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags in sachlicher Form kritisch mit einem solchen Werk auseinandersetzen.
Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Verwunderlich ist eher, warum andere Stadtbüchereien davon keinen Gebrauch machen.
Wisnewski kann jetzt innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Münster einlegen.
Quellen:
- „Stadtbücherei Münster darf vor eigenen Büchern warnen“ lto (15. April 2025)
- „Bibliothek darf Bücher mit Warnhinweis versehen“ spiegel (15. April 2025)
- Schmedding, Nina „Wir schreiben den Leuten nicht vor, was sie zu lesen haben“ cicero (22. September 2022)
- Bertolaso, Marco „Almanach für Verschwörungsgläubige“ Deutschlandfunk (30. Januar 2020)
- Scholl, Joachim „Das Letzte, was die Informationsgesellschaft braucht“ Deutschlandfunk (17. Januar 2019)
Titelfoto: Pixabay/StockSnap
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